Die Herausforderungen wachsen – die Mittel jedoch nicht: Landrat Jens Grote macht auf die schwierige finanzielle Lage der Landkreise, Städte und Gemeinden aufmerksam. Und er ist nicht allein: Bei der jüngsten Konferenz der Landrätinnen und Landräte aus dem alten Regierungsbezirk Lüneburg, die kürzlich in Bad Fallingbostel stattfand, war dies das zentrale Thema. „Die dort beschriebene finanzielle Situation der kommunalen Ebene wird spürbare Folgen auch für die Bürgerinnen und Bürger im Heidekreis haben, wenn nicht bald eine gerechtere Mittelverteilung zugunsten der kommunalen Ebene stattfindet. Die Anforderungen steigen in fast allen Bereichen, aber die Einnahmen halten damit nicht Schritt,“ betont Grote. Denn das Oberhaupt des Heidekreises weiß: „Kommunen müssen wichtige Aufgaben finanzieren, wie beispielsweise Schulen, Kindertagesstätten, Feuerwehren und die krankenhausärztliche Gesundheitsversorgung. Doch diese Aufgaben werden immer teurer.“
Die finanzielle Lage ist vielerorts dramatisch. Allein in den elf Landkreisen im Nordosten Niedersachsens werden die Schulden im Jahr 2028 auf mindestens 2,36 Milliarden Euro (Vergleich 2024: circa 1,13 Milliarden Euro) ansteigen – so die Zahlen aus der gemeinsamen Mitteilung der Landkreise nach dem Treffen der Hauptverwaltungsbeamten der Landkreise Celle, Cuxhaven, Harburg, Heidekreis, Lüchow-Dannenberg, Lüneburg, Osterholz, Rotenburg (Wümme), Stade, Uelzen und Verden. Sie fordern daher das Land in einem gemeinsamen Appell zum dringenden Handeln auf.
„Statt notwendige Investitionen für Schulen, Straßen und energetische Sanierung zu finanzieren, müssen Kommunen jetzt absehbar Konzepte zur Haushaltssicherung erarbeiten. Wir baden politische Versprechungen von Bund und Land aus, die nicht ausfinanziert sind“, beschreibt Rainer Rempe, Landrat des Landkreises Harburg und Vorsitzender der Landrätekonferenz Lüneburg-Stade, die Situation. Der Celler Landrat Axel Flader unterstreicht diese Aussage und mahnt: „Land und Bund müssen sich jetzt bewegen, es kann so nicht weitergehen, denn die Kommunen bluten finanziell aus. Wenn die Kommunen nicht funktionieren, verlieren die Bürgerinnen und Bürger das Vertrauen in den Staat.“
Die Entwicklung der Finanzlage sei ernst, hebt auch Grote in der Mitteilung des Landkreises Heidekreis hervor. Gründe dafür seien steigende Kosten, gesetzliche Vorgaben und die Inflation: „Im Rahmen der Aufstellung des Haushaltsplanes 2025 hatte der Landkreis Heidekreis jüngst in der Dezember-Kreistagssitzung die Kreisumlage erhöht. Die Kreisumlage ist dabei die letztlich einzig nennenswerte verbleibende Stellschraube für einen Landkreis, um als umlagefinanziertes System Einnahmen generieren zu können, zumal der Heidekreis sich vor allem auf seine Pflichtaufgaben beschränkt und nur vergleichsweise wenig freiwillige Leistungen in seinem Haushalt berücksichtigt, wie etwa die Zuschüsse an die Musikschule Heidekreis, Volkshochschule Heidekreis und an den Sportbund Heidekreis“, so die Mitteilung. Die Kreisumlage ist der Anteil, den Städte und Gemeinden an den Kreis abgeben. Der Hebesatz wurde von 49 auf 55 Prozent angehoben: „Trotzdem bleibt der Haushalt des Kreises strukturell unausgeglichen, und in den kommenden Jahren könnten weitere Erhöhungen nötig sein.“
Die Folgen seien für alle zu spüren: „Diese Entwicklung belastet die Städte und Gemeinden, die ebenfalls wenig Spielraum haben. Und letztlich betrifft es die Bürgerinnen und Bürger. Sie könnten mit immer höheren (Grund- und Gewerbe-)Steuern oder Gebühren und Beiträgen rechnen oder mit weniger freiwilligen Leistungen für die örtlichen Vereine oder Verbände“, so die Mitteilung des Heidekreises. In der macht Grote klar: „Eine Situation, die nicht hinnehmbar ist.“ Es bedürfe daher dringend einer grundlegenden Neuregelung der Finanzierung zwischen Bund, Land und Kommunen, denn die finanziellen Belastungen vor Ort steigen kontinuierlich. „Nur durch eine faire und verlässliche Finanzausstattung für die kommunale Ebene werden wir auch künftig die Aufgaben erfüllen können.“
Der Landkreis gehe verantwortungsvoll mit den Finanzmitteln um: „Priorität haben die Pflichtaufgaben – also die unverzichtbaren Leistungen. Freiwillige Leistungen werden nur in geringem Umfang finanziert“, so die Mitteilung des Heidekreises. Außerdem werde stetig geprüft, wo noch gespart werden könne. Doch unter den Rahmenbedingen reicht Sparsamkeit nicht mehr aus, und ohne zusätzliche Unterstützung vom Land werde es zusehends schwierig, die wachsenden Herausforderungen zu bewältigen. Der Landrat des Heidekreises fordert daher eine bessere Finanzierung durch das Land, um die kommunale Handlungsfähigkeit zu sichern. Es müsse jetzt gehandelt werden, damit die finanziellen Lasten nicht allein auf die Bürgerinnen und Bürger abgewälzt würden, erläutert Grote.
Beim Treffen mit seinen Kollegen kamen noch weitere Punkte zur Sprache: Als Beispiele für die Ausgabenentwicklung nennen die Hauptverwaltungsbeamten neben gestiegenen Transferleistungen im Sozialbereich und Aufwendungen der Eingliederungshilfe unter anderem auch deutlich gestiegene Personal- und Energiekosten, welche die Situation zusätzlich verschärfen. Die Landrätin und Landräte mahnen: „Das Zusammenstreichen von freiwilligen Leistungen, die der Unterstützung von Vereinen oder gesundheitlichen Beratungsangeboten dienen, wird die Millionendefizite in keiner Weise auffangen, denn sie machen nur einen vergleichsweise kleinen Anteil an den Ausgaben in den Landkreisen und kreisfreien Städten aus“, fassen die Hauptverwaltungsbeamten bei ihrem Treffen zusammen. Sie sehen inzwischen auch die Erfüllung von Pflichtaufgaben zukünftig massiv gefährdet.
Die Konferenz begrüßt daher die Forderung des Niedersächsischen Landkreistags, Überschüsse des Landeshaushalts in zu erwartender Milliardenhöhe, auch zur Linderung kommunaler Finanznöte zu verwenden, anstatt diese – wie im Vorjahr – der Landesrücklage zuzuführen. Mit Blick auf künftige Haushalte bedarf es ihrer Meinung nach jedoch einer grundsätzlichen Korrektur. „Es muss Schluss sein mit dem Abwälzen von Kosten für politische Versprechungen auf die Kommunen. Wir brauchen eine gerechtere Mittelverteilung im kommunalen Finanzausgleich. Die Streichung freiwilliger Leistungen zu Lasten des Gemeinwohls darf dafür keine Bedingung sein“, erklärt Landrat Rainer Rempe.