Schärfere Maßnahmen zur Regulierung der Wolfsbestände möglich? | Aktuelle Nachrichten und Informationen

Ständiger Ausschuss der Berner Konvention hat einem Antrag der EU-Kommission zugestimmt, den Schutzstatus des Wolfs herabzustufen

Schärfere Maßnahmen zur Regulierung der Wolfsbestände möglich?

Der ständige Ausschuss der Berner Konvention hat am Dienstag einem Antrag der EU-Kommission zugestimmt, den Schutzstatus des Wolfs herabzustufen. Ziel des Antrags war es, den Wolf umzulisten von Anhang 2 (streng geschützt) in Anhang 3 (geschützt) der Berner Konvention. Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer: „Der Wolf bleibt geschützt und wird nicht wieder ausgerottet. Angesichts einer stark gestiegenen Wolfspopulation in Europa und auch in Niedersachsen ist der Wolf jedoch nicht mehr vom Aussterben bedroht, sondern hat eine positive Bestandsentwicklung. Daher sollte jetzt durch eine ausstehende Änderung der FFH-Richtlinie ausschließlich zur Tierart Wolf den Ländern endlich ein regional differenziertes Bestandsmanagement ermöglicht und die Entnahme von ProblemwöIfen zum Schutz der Weidetiere erleichtert werden.“

„Ich setze mich seit langem beim Bund und der EU dafür ein, den rechtlichen Rahmen für ein regional-differenziertes Wolfsmanagement zu schaffen. Auch die Umweltministerkonferenz hat vergangene Woche einstimmig die Zustimmung der Bundesregierung zur Änderung der Berner Konvention begrüßt und weitere Schritte eingefordert. Darum begrüße ich die Entscheidung des ständigen Ausschusses der Berner Konvention sehr, wir kommen damit einem regional differenzierten Wolfsmanagement damit einen großen Schritt näher“, so Meyer weiter.

Die auf wissenschaftlichen Fakten basierende Entscheidung ermögliche perspektivisch ein praxisnahes regionales Bestandsmanagement. „Wichtig wäre jetzt noch, dass Bayern seine Blockade mit Blick auf den guten Erhaltungszustand aufgibt und der von 15 Bundesländern mitgetragenen Meldung zur Untergrenze durch das Bundesumweltministerium an die EU erfolgen kann. Damit wäre in der biogeografischen atlantischen Region, zu der große Teile Niedersachsens gehören, der gute Erhaltungszustand bei 44 Rudeln erreicht. In Bayern und Baden-Württemberg ist dies jedoch nicht der Fall“, betont der Umweltminister: „Durch eine Feststellung des guten Erhaltungszustandes und Umlistung des Wolfes in der FFH-Richtlinie bestehen mehr Möglichkeiten, um ein weitgehend konfliktarmes Nebeneinander von Weidetierhaltung und Wolf in Regionen mit vermehrten Nutztierrissen ermöglichen zu können. Ein ausreichender und guter Herdenschutz spielt aber auch zukünftig die zentrale Rolle bei der Vermeidung von Nutztierschäden. Daher hat Niedersachsen die Fördermittel erneut erheblich aufgestockt.“

Mit aktuell 54 Rudeln, drei Wolfspaaren und vier Einzelwölfen sowie einer großen räumlichen Ausbreitung ist der Wolf in Niedersachsen in der biogeografischen atlantischen Region nicht mehr vom Aussterben bedroht. In weiten Teilen Niedersachsens ist damit der gute Erhaltungszustand nach der FFH-Richtlinie erreicht. Klar ist auch: Der Wolf darf nicht wieder ausgerottet oder in anderer Weise im Bestand gefährdet werden, sondern wird grundsätzlich weiterhin naturschutzrechtlich geschützt. Meyer: „Ich erwarte, dass die EU-Kommission jetzt sehr schnell die nächsten Schritte vorbereitet und die Herabstufung des Wolfs bei der FFH-Richtline durch Änderung des Anhangs angeht. Am besten und schnellsten geht das durch den in der FFH-Richtlinie vorgesehenen, einstimmigen Beschluss der Mitgliedstaaten. Nach der Berner Konvention muss jetzt schnell in der FFH-Richtlinie die gleiche Umlistung erfolgen, da die Bestandszahlen in der EU deutlich gewachsen sind. Hier werden wir uns wie bisher sehr aktiv einbringen. In Niedersachsen sind wir - aufgrund unserer hervorragenden Datengrundlage aus dem Wolfsmonitoring - dazu gut vorbereitet.“

Eine unmittelbare Wirkung ergibt sich aus der Änderung der Berner Konvention allerdings noch nicht. Sie ist die Voraussetzung, dass die Reduzierung des Schutzstatus in der FFH-Richtlinie erfolgen kann. Die EU-Kommission hatte zugesagt, die FFH-Richtlinie ausschließlich zur Tierart Wolf ändern zu wollen. Niedersachsen hat das begrüßt. Die Berner Konvention ist ein 1979 verabschiedeter völkerrechtlicher Vertrag des Europarates zum Schutz europäischer wildlebender Tiere und Pflanzen. Die Umlistung tritt im März 2025 in Kraft, bis dahin könnte sie durch ein Veto von einem Drittel der Vertragspartner noch gestoppt werden. Auch Tierarten im Anhang 3 bleiben grundsätzlich schutzbedürftig und dürfen nur regional eingeschränkt reguliert werden, ohne den günstigen Erhaltungszustand in den jeweiligen biogeographischen Regionen zu gefährden.

SPD-Bundestagsabgeordneter Lars Klingbeil begrüßt die Bestrebungen, den Schutzstatus des Wolfs herabzusetzen, damit in Deutschland und Niedersachsen schärfere Maßnahmen zur Regulierung der Wolfsbestände möglich werden. Der Sozialdemokrat hatte sich immer wieder für eine Abschwächung des Wolfsschutzes ausgesprochen. Mit der Zustimmung des Ausschusses werde eine wichtige Voraussetzung für einen schnelleren Abschuss geschaffen, so der SPD-Politiker: „Das ist eine wichtige Entscheidung für unsere Region, die besonders unter der zunehmenden Ausbreitung des Wolfes und den damit verbundenen Wolfsrissen zu leiden hat. So erhalten unsere Nutztierhalter und Landwirte mehr Handlungsspielraum im Umgang mit problematischen Wölfen und können ihre Tiere besser schützen. Damit kann ein fairer Ausgleich zwischen dem Schutz von Tierarten und den Interessen der Bevölkerung geschaffen werden.“

Sebastian Zinke, SPD-Landtagsabgeordneter für den Heidekreis, zeigt sich ebenfalls erleichtert: „Die Wolfsproblematik trifft den Heidekreis besonders hart. Unsere Weidetierhalterinnen und -halter stehen täglich vor enormen Herausforderungen, um ihre Tiere zu schützen. Die Entscheidung macht deutlich, dass unsere Bemühungen, auf politischer Ebene Lösungen zu finden, Gehör finden. Für die Menschen hier vor Ort ist dies ein Signal, dass wir die Herausforderungen ernst nehmen und konsequent an einer Lösung arbeiten.“ Zinke betont, dass Niedersachsen in dieser Debatte eine führende Rolle spiele: „Unsere Landesregierung hat sich auf nationaler und europäischer Ebene stark gemacht, und das zeigt Wirkung. Nun gilt es, diesen Schwung zu nutzen, um die notwendigen rechtlichen Anpassungen voranzutreiben und konkrete Maßnahmen für ein regionales Bestandsmanagement zu schaffen.“

Die Entscheidung mache Hoffnung, so Zinke, doch er mahnt zur Geduld: „Der Prozess zur Anpassung des Schutzstatus wird Zeit brauchen. Wichtig ist, dass wir diesen Weg nun konsequent weiterverfolgen und die Interessen des ländlichen Raums dabei nicht aus den Augen verlieren. Der Heidekreis braucht klare Perspektiven – für unsere Tierhalterinnen und Tierhalter und alle Menschen, die hier leben.“ Der jüngste Schritt zeige, dass durch „beharrliches Engagement“ Fortschritte möglich seien. Zinke sieht in der Entscheidung „ein starkes Zeichen für den ländlichen Raum“ und fordert, „dass die Umsetzung zügig und praxisnah vorangetrieben wird.“