Es ist mehr als ein Ärgernis. Da war man eben mal nur ganz kurz im Supermarkt, kehrt zum Auto auf dem Parkplatz zurück und stellt verdutzt fest, dass jemand den eigenen Pkw mit einer Schramme oder Beule „verziert“ hat. Doch von dem oder der „Schuldigen“ ist weit und breit nichts zu sehen. Ob sogenannter „Spiegelklatscher“ oder der Schaden am Kotflügel oder am Stoßfänger – im Landkreis Heidekreis machen sich immer mehr Verursacher solcher und anderer Schäden kurzerhand aus dem Staub, anstatt den Vorfall bei der Polizei zu melden. Sie ist gestiegen, die Zahl der Unfallfluchten im Landkreis Heidekreis. Und das nimmt die hiesige Polizeiinspektion zum Anlass, noch einmal ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass es sich beim „Verdünnisieren“ nach einem Unfall um Straftaten handelt.
Im Vergleich zum Vorjahr hat die Polizeiinspektion Heidekreis in Sachen Verkehrsunfallfluchten eine leichte Steigung verzeichnet. „Die Anzahl der Verkehrsunfallfluchten befindet sich bereits im vierstelligen Bereich“, so Polizeihauptkommissar Andre Guhl. Er ist für die Verkehrsunfallbearbeitung in Soltau zuständig und hat täglich mit diesem, wie er sagt, „größtenteils unnötigen und unfairen Verhalten zu tun.“
„Vielen ist nicht bewusst, dass sie eine Straftat begehen und welche straf- und zivilrechtlichen Folgen auf sie zukommen können“, betont Guhl. Das unerlaubte Entfernen vom Unfallort sei kein Kavaliersdelikt und könne gemäß Paragraf 142 des Strafgesetzbuches (StGB) „mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren sanktioniert werden.“
„Die Versicherung kann beispielsweise den unfallflüchtigen Versicherungsnehmer nach der Schadenregulierung in Regress nehmen. Zudem kann in besonderen Fällen auch der Entzug der Fahrerlaubnis folgen. Eine Überprüfung der Fahrtauglichkeit durch die Führerscheinbehörde kann ebenfalls angeordnet werden“, unterstreicht der Polizeibeamte: „Das Verhalten ist umso mehr unverständlich, da die Verursacher grundsätzlich versichert sind und die Geschädigten ansonsten auf den Kosten sitzen bleiben.“
Wer nach einem Unfall das Weite gesucht hat, hat oft eine Ausrede parat. Die Beamtinnen und Beamten der Polizeiinspektion Heidekreis hören die verschiedensten Varianten: „Ich habe den Anstoß gar nicht bemerkt“, heißt es da nicht selten, oder „Ich wollte das noch melden.“ Das allerdings dürfte in den wenigsten Fällen stimmen. „Zeugenaussagen und Schadensbilder entkräften die vermeintlichen Ausreden – immerhin finden die Verkehrsunfälle in der Öffentlichkeit statt“, heißt es vonseiten der Polizeibeamtinnen und -beamten.
Auch das Begutachten des Schadensbildes am fremden Fahrzeug mit dem „obligatorischen Wischen“ an der Anstoßstelle und dem subjektiven Ergebnis, augenscheinlich kein Schaden verursacht zu haben, schütze vor Strafe nicht. „Hier ist es sehr risikoreich eine Unfallflucht zu begehen. Beinahe jede zweite Flucht wird im Bereich der Polizeiinspektion Heidekreis aufgeklärt“, berichtet Guhl.
Übrigens: Wer nach einem Unfall eine Notiz mit Telefonnummer an der Windschutzscheibe hinterläßt, entzieht sich auch damit nicht dem Vorwurf einer Unfallflucht. Das ist nach wie vor Irrglaube.
Ebenso sei die weit verbreitete Meinung, dass eine Meldung innerhalb von 24 Stunden ausreiche, „schlichtweg falsch“, betont Guhl. Eine Faustregel besage, dass der Verursacher eine der Höhe des Schadens angemessene Zeit am beschädigten Auto warten müsse – mindestens jedoch 30 Minuten.“ Mit der Benachrichtigung der Polizei oder dem umgehenden Aufsuchen der nächsten Polizeiwache sei der Verursacher oder die Verursacherin „immer auf der sicheren Seite.“
Aus gegebenem Anlass appelliert der Polizeihauptkommissar an alle Verkehrsteilnehmer: „Sie können sich verständlicherweise über den Unfall und den damit verbundenen Zeitaufwand ärgern – bleiben Sie aber fair! Sorgen Sie für eine vernünftige Schadensregulierung und begehen Sie keine Straftat!“