Leichter Wind bewegte die Flaggen am Ehrenmal für die Gefallenen und verunglückten Soldaten am Rossbacher Platz in der Panzertruppenschule in Munster. Es herrschte Stille. Jeder der mehr als 200 Gäste auf den Tribünen war in sich gekehrt im persönlichen Gedenken. Dann marschierte die Ehrenformation mit dem Heeresmusikkorps Hannover bei herbstlicher Sonne ein. In guter Tradition stand bei der Panzertruppenschule am 18. November die Gedenkveranstaltung anlässlich des Volkstrauertags in der Lili-Marleen-Stadt Munster auf dem Programm. Zu den Gästen zählten neben dem Bürgermeister der Stadt Munster, Ulf-Marcus-Grube, die Abgeordnete im Europäischen Parlament Lena Düpont, ebenso der stellvertretende Kommandeur des Heeres und Kommandeur der Grundorganisation, Generalleutnant Andreas Marlow. Auch eine Abordnung von Schülern aus Munsteraner Schulen war vor Ort.
Das Gedenken begann mit einem jungen Offizier, der über seine Sicht auf die Dinge sprach. Oberleutnant Ortiz vom Führungsnachwuchs im Heer ist derzeit Lehrgangsteilnehmer an der Schule gepanzerte Kampftruppen und wird im Februar 2024 seine erste Führungsverwendung in einer Panzerkompanie antreten. Er suchte den Zugang über das Karfreitagsgefecht in Afghanistan, bei dem drei gefallenen deutsche Soldaten zu beklagen waren. Zu diesem Zeitpunkt sei er gerade 13 Jahre alt und ohne Vorstellung gewesen, welches Opfer diese Kameraden im Dienst für ihr Land gebracht hätten. Heute, 13 Jahre später, verstünde er als Soldat und Teil des Führungskräftenachwuchses der Bundeswehr die Bedeutung viel besser, so Ortiz. Weiterhin machte er deutlich, welche Bedeutung der Volkstrauertag für ihr persönlich habe: „Für mich ist wichtig am Volkstrauertag an die Gefallenen, aber auch an die Kameradinnen und Kameraden zu erinnern, die Gefecht und Verwundung durchlebt und überlebt haben – leiden eben diese doch an oft nicht sichtbaren Schmerz.“
In seiner anschließenden Rede knüpfte der Kommandeur der Panzertruppenschule, Brigadegeneral Björn F. Schulz, an den militärischen Widerstand gegen die Nationalsozialisten an: „Wir müssen also warnen, überlassen wir denen, die unsere freiheitlich demokratische Rechtsordnung schmähen und unterhöhlen, überlassen wir den Polemikern und Demagogen, den Populisten und Extremisten nicht das Feld. Verteidigen wir auch hier tapfer und entschlossen. Das haben wir geschworen.“
Angesichts neuer Bedrohungen sei vorausschauendes und entschlossenes Handeln gefordert: „Die Geschehnisse in der Ukraine und Israel zeigen uns, was eine wehrhafte und kriegstüchtige Gesellschaft ausmacht.“ Der General weiter: „Auch wenn wir erkennen müssen, dass es noch ein langer Weg mit vielen Rückschlägen, Toten und Verletzten, Not und Elend bis zu einem ewigen Frieden sein wird, so muss uns dieses Ziel Verpflichtung sein.“
Militärpfarrer Bernd Rosner schloss sich mit einer Andacht und einem Gebet an, leitete zum Totengedenken über. Beim Totengedenken wurde der Gefallenen der Kriege und den Opfern von Hass, Gewalt, Terrorismus, Extremismus und Antisemitismus gedacht. Zum Lied „Der gute Kamerad“ wurden die Kränze am Ehrenmal abgelegt. Das Heeresmusikkorps Hannover unter der Leitung von Oberstleutnant Martin Wehn rahmte das gedenken mit Chorälen ein. Der Ausmarsch der Truppenfahne und der Vorbeimarsch der Truppenfahnen aufgelöster Verbände beendeten die Gedenkveranstaltung.
Traditionell hatte es bereits am Vortag eine Informationsveranstaltung für die Angehörigen der Truppengattungen der Panzertruppenschule sowie Lehrgangsteilnehmer und Ehemalige gegeben. Neben den Zuhörern im Scharnhorstsaal waren viele weitere Lehrgangsteilnehmer per Videokonferenz zugeschaltet.
Nach einer Einleitung durch den Schulkommandeur trug zunächst Generalleutnant Andreas Marlow zur Neuausrichtung des Heeres, dabei auch über die Aufstellung der geplanten Brigade in Litauen, sowie zur Ausbildungsunterstützung für die Ukraine vor. Der folgende Vortrag knüpfte an die „Herausforderungen der Dimension Land“ an: Der Befehlshaber Territoriales Führungskommando der Bundeswehr und Nationaler Territorialer Befehlshaber, Generalleutnant André Bodemann, sprach über die Herausforderungen in der Landes- und Bündnisverteidigung. Wer muss was wissen, tun und können, wer koordiniert und führt, um die gesamtgesellschaftlichen Aufgaben im Krisen- und Kriegsfall bewältigen zu können? Bodemann: „Wir haben alle noch viel zu tun, aber wir haben es angepackt.“
Am Abend trafen sich die Gäste im Casino Kornett zum Kameradschaftsabend. An diesem sollen sich junge Soldaten mit älteren und ehemaligen Soldaten sowie den Vertretern des öffentlichen Lebens aus der Region und dem Bund austauschen. Ehrengäste waren neben dem Botschafter der Ukraine, Oleksii Makeiev, der Bundestagsabgeordnete Lars Klingbeil und die Abgeordnete des Europäischen Parlaments Lena Düpont sowie eine österreichische Delegation mit Oberst i.G. Schadenböck, Kommandeur der Heerestruppenschule an der Spitze. Botschafter Makeiev wandte sich mit bewegenden Worten an die Gäste: „In der Ukraine haben wir aktuell jeden Tag Volkstrauertag, jeden Tag um neun Uhr läutet eine Glocke im Verteidigungsministerium eine Gedenkminute ein. Jeden Tag sterben Menschen im Krieg.“ Er zeigte die Realität des Krieges seit 2014 in der Ukraine auf und würdigte die politische, finanzielle sowie militärische Unterstützung Deutschlands für die Ukriane.
„Hier erlebten wir einen Botschafter, der eine Botschaft hatte“, sagte ein Gast nach der bewegenden Rede des Ehrengastes. Die von Fackelträgern umrahmte Serenade, gespielt vom Heeresmusikkorps Hannover unter der Leitung von Oberstleutnant Martin Wehn, rundete den Abend würdig ab.