Es war kein defektes Gerät, kein kaputtes Fahrrad und auch kein Loch in einem Kleidungsstück, das Rolf Plaschka und seine Mitstreiter aus der Evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Munster ursprünglich auf die Idee für ein Reparatur-Café gebracht hat. Dass es dennoch etwas „zu kitten“ gibt, sieht die Gruppe aber schon – nämlich die Verbindung zur Kirche: „Es gab alarmierende Zahlen über Kirchenaustritte“, beginnt Plaschka in der vergangenen Woche das Pressegespräch, bei dem er auch die Verluste in der Örtzestadt beziffert: „2020 gab es 53 Austritte plus 103 Bestattungen abzüglich 21 Taufen – ergibt einen Mitgliederschwund von 135 Personen. Und 2021 waren es 90 Austritte plus 110 Bestattungen abzüglich 48 Taufen – also einen Mitgliederschwund von 152 Personen. Rein rechnerisch wäre die Messe für unsere Gemeinde in gut 40 Jahren gelesen, wenn es so weitergeht.“ Der Handlungsdruck sei also groß – „es fehlt nur der Mut zu handeln oder das Ziel ist nicht klar definiert“. Doch nun hat die Gruppe der Gemeinde ein klares Ziel gefasst: Ein Reparatur-Café ins Leben rufen und damit Menschen zusammen und ins Gespräch bringen – sowie gemeinsam Kaputtes wieder „flottmachen“. So startet unter dem Motto „Reparieren statt Wegwerfen“ am 25. August das erste Reparatur-Café im Ludwig-Harms-Haus (LHH) in Munster.
„Seit einem halben Jahr haben wir den Kirchenvorstand bombardiert mit Vorschlägen, was man machen könnte“, meint Plaschka. Das Reparatur-Café war eine der Ideen – und natürlich rechnen die Initiatoren nicht damit, dass durch die Aktion die Beitrittszahlen plötzlich in die Höhe schießen. Vielmehr möchten sie die Gemeinde beleben und neue Gruppen ansprechen: „Wir wollen durch die Wahl des Veranstaltungsortes wieder Nähe zur Kirche herstellen und gegebenenfalls Interesse am Thema Kirche wecken oder wach halten“, erläutert Plaschka. Gemeinschaft und Geselligkeit stünden im Vordergrund: „Wir verbringen eine gute Zeit miteinander. Deshalb sind Kaffee und Kuchen genauso wichtig wie Schraubenzieher und Lötkolben!“
Werkzeug zum Einsatz kommen soll aber schon, und zwar erstmals am kommenden Freitag von 14 bis 16.30 Uhr: „Im Ludwig-Harms-Haus, Kirchgarten 6, unterstützen an diesem Tag ehrenamtliche Reparateure die Besucher dabei, Defekte an mitgebrachten Gebrauchsgegenständen zu untersuchen und im besten Falle gemeinsam zu reparieren. Für verschiedene Reparaturen aus den Bereichen Mechanik, Elektrik, Elektronik, Textil und Holz stehen Reparaturfachkundige und die notwendigen Materialien und Werkzeuge vor Ort bereit“, lädt der Sprecher der Gruppe ein. Auch für das leibliche Wohl sei, wie gesagt, gesorgt, so Plaschka weiter: „Repariert wird hier in entspannter, gemütlicher Atmosphäre bei Kaffee und Kuchen.“ Das von der Evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Munster organisierte Angebot richte sich übrigens an alle Bürgerinnen und Bürger der Stadt, „egal ob sie konfessionell gebunden sind oder nicht“, betonen die Mitglieder der Gruppe.
Zu der zählen neben Plaschka noch Marlis Alvermann, Rudolf Cohrs, Thorsten Cohrs, Werner Hackel, Raymond Kellner, Peter Marquering, Klaus Schamberger, Günter Scharf, Dr. Andreas Schirmer und Jürgen Schlüter. Zusammen wollen sie mit ihrer Initiative auch etwas für die Umwelt tun: „Durch das gemeinsame Reparieren setzen engagierte Bürgerinnen und Bürger ein Zeichen gegen eine sorglose Wegwerf-Gesellschaft und schonen obendrein wertvolle natürliche und menschliche Ressourcen, weil Gebrauchsgüter länger nutzbar bleiben. Auch die wieder instandgesetzten Gegenstände erhalten eine neue Wertschätzung – statt auf dem Müll zu landen. Zudem teilen Menschen untereinander ihr Wissen über das Reparieren und die Technik dahinter. Laien und Experten arbeiten gemeinschaftlich zusammen, geben Hilfe zur Selbsthilfe und regen so zu einem bewussten Konsumverhalten an. Gleichzeitig treffen Menschen aus der Nachbarschaft am Reparaturtisch aufeinander. Das stärkt den lokalen Zusammenhalt und schafft neue Bekanntschaften“, heißt es aus den Reihen der Initiatoren.
Die sind für das anstehende Reparatur-Café gut gerüstet: „Wir konnten einen Teil der Werkstatt samt Materialien, Ersatzteilen und Werkzeugen aus der Hinterlassenschaft von Karl-Heinz Graczyk übernehmen“, erklärt Plaschka. Und noch weitere Vorbereitungen seien getroffen worden: „Wir sind jetzt Mitglied im Verbund offener Werkstätten geworden – wichtig für den Know-how-Transfer für Schaltpläne, Reparaturanleitungen und ähnliches. Zudem haben wir eine entsprechende Haftpflichtversicherung abgeschlossen, um für mögliche Schadensfälle abgesichert zu sein.“
Das Reparatur-Café solle keine „Eintagsfliege“ bleiben: „Nach dem Auftakt am 25. August soll ein regelmäßiger Treff für gemeinschaftliches Reparieren entstehen. Vorerst ist geplant, jeden vierten Freitag ein Reparatur-Café zu veranstalten, das heißt, am 22. September wird schon die zweite Veranstaltung stattfinden“, gibt Plaschka einen Ausblick auf die kommende Aktion.
Eine weitere – auch die soll zur Reihe werden – läuft noch vor dem zweiten Reparatur-Café: „An jedem ersten Wochenende im September wollen wir jedes Jahr einen Flohmarkt in und rund um das Ludwig-Harm-Haus starten“, lädt Pastor Dr. Johannes Schoon-Janßen ein. „Erster Termin für den diesjährigen Flohmarkt ist der 3. September, Beginn um 11 Uhr.“