Umweltminister Christian Meyer informiert sich am Dethlinger Teich

Räumungsarbeiten beginnen am 14. August / Auch Bundestagsabgeordneter Lars Klingbeil macht sich vor Ort ein Bild

Umweltminister Christian Meyer informiert sich am Dethlinger Teich

In Massen wurden chemische Kampfmittel während des Zweiten Weltkrieges und bis 1952 in der ehemaligen Kieselgur-Grube Dethlinger Teich bei Munster entsorgt. Über die Jahre sind bereits Kampfstoffe ausgetreten, nachgewiesen wurden S-Lost und Phosgen. Nach einer Probebohrung und Untersuchungen durch die Gesellschaft zur Entsorgung chemischer Kampfstoffe und Rüstungsaltlasten (GEKA) wurde das Ausmaß für Mensch und Umwelt ersichtlich (HK berichtete). Um die im Boden verborgene Gefahr endgültig zu beseitigen, steht nun eine der bundesweit umfangreichsten Sanierungsmaßnahmen dieser Art überhaupt bevor. Das Projekt ist nicht nur unter Sicherheitsaspekten eine Herausforderung, sondern auch finanziell. Insgesamt stehen bislang 38 Millionen Euro zur Verfügung, von denen das Land 18,4 Millionen Euro übernimmt, den Rest der Bund und der Landkreis Heidekreis. Nach umfangreichen Vorarbeiten, darunter der Überdachung des Dethlinger Teiches, werden Kampfmittelspezialisten am 14. August mit den Arbeiten beginnen. Auf Einladung von Landrat Jens Grote informierte sich deshalb Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Bündnis 90/Die Grünen)am vergangenen Freitagvormittag vor Ort.

Grote begrüßte den Minister und sprach angesichts der vielfältigen Herausforderungen, die die Räumung mit sich bringt, „von einem Projekt, um das sich niemand reißt. Aber wir stellen uns unserer Verantwortung.“ Der Landrat: „Wir wissen seit der Probeöffnung, dass wir im Dethlinger Teich möglicherweise bis zu 30.000 Sprengmittel und chemische Kampfstoffe bergen müssen“. Dies sei für die Menschen in Munster und Umgebung eine „schwerverdauliche Kost“, zumal das Ganze nicht ohne Einschränkungen vonstatten gehen werde. So werde an den jeweiligen Räumungstagen stets die Bundesstraße gesperrt – von morgens bis abends. „Wir müssen den Bürgerinnen und Bürgern einiges zumuten“, sagte Grote. Allerdings seien gerade die Munsteraner am größten Heeresstandort Deutschlands durch den Militärbetrieb an Belastungen und Herausforderungen gewöhnt und dementsprechend „gelassen“. Dazu hätten auch Transparenz, Informationsveranstaltungen und die Arbeit des Sanierungsbeirates beigetragen. Gemeinsam mit Frank Biegansky, Geschäftsführer der „Mull & Partner Ingenieurgesellschaft mbH“ aus Hamburg, Dr. Andreas Krüger und Frank Lorkowski, beide Geschäftsführer der GEKA aus Munster, Projektleiter Friedrich-Wilhelm Otte sowie Carsten Bubke, beide Mitarbeiter der Fachgruppe Wasser, Boden, Abfall des Landkreises, gab Landrat Grote dem Umweltminister einen Überblick über den aktuellen Sachstand.

Fünf Jahre sind für die Räumung vorgesehen, 6.000 Granten pro Jahr sollen aus der Erde geholt werden. Dazu wird für das Areal ein Betretungsverbot gelten. Geplant sind fünf Räumphasen je zehn Monate sowie jeweils zwei Monate Sommerpause. Um die Kampfmittelräumer und die Bevölkerung zu schützen, ist über der früheren Kieselgurgrube, die einen Durchmesser von rund 65 Metern hat, ein 97x106 Meter großer „Schutzkubus“ entstanden. Die freitragende Halle mit ihren beeindruckenden Maßen sorgt dafür, dass im Falle eines Falles kein Kampfstoff nach draußen gelangen kann. Durch eine Lüftungsanlage wird permanent Luft aus dem Inneren abgesaugt und mittels Aktivkohle sicher gereinigt. Zwar haben die Kampfmittel-Spezialisten, die ihre gefährliche Arbeit weitgehend per Hand verrichten werden, ein Dach über dem Kopf, sind aber um ihre Tätigkeit nicht zu beneiden. Die Experten des jeweils aktiven Räumtrupps müssen spezielle Schutzanzüge und Atemschutzmasken tragen. Dabei werden stets ein Räumer, ein Räumhelfer und ein Baugeräteführer gemeinsam arbeiten. Nicht viel mehr als eine Stunde darf in der Schutzkleidung geräumt werden, dann wird gewechselt. Und für jeden, der in der Halle ist, sind mindestens zwei Kräfte vor Ort, die im Bedarfsfall retten können. Dazu stehen spezielle Elektrofahrzeuge zur Verfügung. Auch ein Notarzt mit entsprechender Zusatzausbildung wird vor Ort sein. Für Sicherheit sorgt ein Wachschutz – und damit alle stets „im Bilde“ sind, wird das Ganze mit nicht weniger als 47 Kameras überwacht. Bei den Arbeiten wird auch ein Spezialfahrzeug zum Einsatz kommen, das eigens gebaut worden ist. Es saugt das Verfüllmaterial kontrolliert ab, verfügt über eine reduzierte Bodenpressung und ist gepanzert, unter anderem mit 17 Zentimeter dicken Scheiben.

Am vergangenen Montag begann die sogenannte Einarbeitungshase. Die Kampfmittelspezialisten machten sich unter realen Bedingungen - also im kompletten Vollschutz mit Schutzanzug und Atemschutzmaske - unter Anleitung des Räumstellenlleiters der bundeseigenen GEKA mit den Räumbedingungen vertraut. Nach einer vierwöchigen Sommerpause, in der die letzten Restarbeiten für die Infrastruktur auf dem Plan stehen, werden dann ab Mitte August die „gefährlichen Arbeiten“ in Angriff genommen.

„Ich bin sehr froh, dass es jetzt endlich losgehen kann mit der Sanierung“, betonte Minister Christian Meyer, „denn uns als Land ist es sehr wichtig, die Sicherheit der Bewohnerinnen und Bewohner zu gewährleisten und die Belastung des Grundwassers und der Umwelt zu mindern.“

Im Zuge der Führung über das Gelände und durch die große Halle informierte sich der Niedersächsische Umweltminister umfassend über die Historie, die bislang geleisteten Vorabeiten und all das, was in den nächsten Jahren auf dem Areal zu meistern ist. „Das ist schon sehr beeindruckend, was hier geleistet wird, um eine der schlimmsten Umweltsünden unserer Zeit so gut es eben geht aus der Welt zu schaffen“, betonte er.

Bereits am vergangenen Mittwoch, dem 26. Juni, hatte sich SPD-Bundestagsabgeordneter Lars Klingbeil gemeinsam mit Erstem Kreisrat Oliver Oliver Schulze und der Geschäftsführung der GEKA am Dethlinger Teich umfassend über den aktuellen Sachstand informiert. Der Munsteraner hatte sich in Berlin erfolgreich für die Beteiligung des Bundes an den Sanierungskosten stark gemacht (HK berichtete).

„Endlich geht es los mit den Sanierungsarbeiten am Dethlinger Teich. Das erhöht nicht nur die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger, sondern schützt auch die Natur und das Grundwasser“, machte Klingbeil deutlich. Nachdem das Verteidigungsministerium lange Zeit keine Notwendigkeit zur Sanierung gesehen habe, so der Munsteraner, habe er sich seit 2014 gemeinsam mit anderen dafüreingesetzt, dass die Kampfmittel aus dem Dethlinger Teich geholt werden.

„Als Region haben wir in vielen Briefen, Anfragen und Gesprächen unsere Position deutlich gemacht“, unterstrich Klingbeil. Es sei etwas Besonderes, nun vor der fertigen Sanierungshalle zu stehen, in der nun die Arbeiten zur Räumung der Altlasten begännen. Klingbeil machte dabei deutlich, „dass die Landesregierung und vor allem Olaf Lies die Stadt Munster stark unterstützt haben.“

„Bund, Land und Kommune übernehmen gemeinsam Verantwortung, um für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger zu sorgen. Mich freut wirklich sehr, dass es nun an die konkrete Umsetzung geht“, resümierte der SPD-Abgeordnete.

HK-Video: https://www.facebook.com/heidekurier.news/videos/803068594660099

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