Um die 100 bis 120 Jahre alt sind sie, die alten Stieleichen, die die Neuenkirchener St. Bartholomäuskirche „umzingeln“ und dem Areal rund um das Gotteshaus parkähnlichen Charakter verleihen. Neben diesen „Riesen“ haben hier auch Linden, Robinien und ein Bergahorn Wurzeln geschlagen. Für den Laien ist auf den ersten Blick alles „Ast-rein“, doch der Schein trügt. Einige der großen Bäume haben aus verschiedenen Gründen arg gelitten, sind saft- und kraftlos. Und genau diese hochaltrigen „Stamm-Gäste“ stellen eine Gefahr dar, wird das Areal doch rege von Gemeindemitgliedern und Spaziergängern genutzt. „Ich habe mal gesehen, wie ein großer Ast auf eine Laterne gekracht ist und diese zertrümmert hat. Das ist kein Spaß“, sagt Hausmeister und Gärtner Hans Friedrich Menzel, der Friedhof und Außengelände in Schuss hält: „So ein schwerer Ast einer Eiche bricht einfach ab, da ist vorher kein Knacken, kein Geräusch zu hören. Das passiert ohne Vorwarnung - und das ist das Gefährliche“, weiß Menzel. Totholz werde regelmäßig entfernt, auch um die Gebäude auf dem Gelände vor Schäden zu schützen. Diesmal seien jedoch umfangreichere Arbeiten vonnöten. Er, Menzel, arbeite nun seit fast 15 Jahren für die Kirchengemeinde und merke es, „wenn ein großer Baum Probleme hat.“ Deshalb ist seit einigen Tagen im Zentrum der Gemeinde das Geräusch von Motorsägen zu hören. Dabei geht es keinesfalls um Kahlschlag, vielmehr werden nach umfangreicher Begutachtung durch Fachleute und mit Augenmaß lediglich die „Problemfälle“ entfernt. „Sicherheit geht vor“, betont der Gärtner.
Sie steht mitten im Dorf, die im Jahr 1880 geweihte St. Bartholomäuskirche, die seinerzeit errichtet wurde, weil die Sitzplätze im vorherigen Gotteshaus nicht mehr ausgereicht hatten. Der Blickfang im Zentrum des Schnuckendorfes im neugotischen Stil ist von viel Grün umgeben, was die Stichter sehr zu schätzen wissen. Es gibt einen Spazierweg, der von Einheimischen und Touristen gern genutzt wird und für den die Kirchengemeinde verantwortlich zeichnet. Als Grundstücksbesitzer obliegt ihr die Verkehrssicherungspflicht, sie muss also dafür Sorge tragen, dass von ihren Bäume keine Gefahren ausgehen. Und genau das wird gerade unter Einbeziehung des Bezirksförsters Olaf Lange und mit Genehmigung der Unteren Naturschutzbehörde gemacht, wobei die Gemeinde mit der Ausführung die Profis vom Neuenkirchener Lohnunternehmen Friedrich Lange beauftragt hat. „Wir freuen uns und sind auch stolz, dass der Baumbestand rund um die Kirche viele Besucher und Spaziergänger erfreut. Die Kirchengemeinde investiert eine Menge Arbeit und Geld in den Erhalt. Nicht zuletzt ist dies auch eine schöne Kulisse für unsere Freiluftgottesdienste“, erklärt Anke von Fintel vom Kirchenvorstand am vergangenen Mittwoch beim Ortstermin. Und weiter: „Wir wollen das hier natürlich für die nächsten Jahrzehnte und vielleicht ja sogar Jahrhunderte erhalten. Deshalb sind auch Neuanpflanzungen vorgesehen.“ Es gibt also viel zu tun, Gärtner Menzel und das Team von Friedrich Lange packen es an: „Wir haben hier insgesamt 108 Bäume. 30 werden gefällt, fünf werden, über das Gelände verteilt, als Baum-Biotope stehenbelieben“, berichtet Menzel.
Doch was hat den zu entfernenden Bäumen zu schaffen gemacht? Laut Bezirksförster Lange gibt es verschiedene Ursachen. So zum Beispiel Pilzbefall und Krankheiten. Zudem hätten einige Exemplare in den sehr trockenen Sommern 2019 und 2020 Schaden genommen. „Die Feinwurzeln wurden zum Teil stark beeinträchtigt“, so Lange.
Ein weiteres Problem ist die Bodenverdichtung, unter anderem durch Fahrzeuge auf einem Teil des Geländes: „Autofahrer suchen im Sommer Schatten. Aber man soll einem Baum ja nicht auf den Fuß treten“, erklärt Menzel. Dem einen oder anderen Baum sind die schweren Fortbewegungsmittel auch viel zu nahe gekommen, wie sich beim Rundgang durch den „Park“ zeigt. Menzel deutet auf ein Großgehölz mit einer „klaffenden Wunde“: „Das hier ist ein Anfahrschaden.“ Ein Blick gen Himmel zeigt darüber hinaus, dass sich einige der „Riesen“ mit ihren Kronen ins Gehege kommen.
Dieser Konkurrenzkampf in luftigen Höhen wirkt sich ebenfalls negativ auf die Gesundheit der Bäume aus, weshalb an der einen oder anderen Stelle eine „Ausdünnung“ erfolgt. „So kann man den schützenswertesten Bäumen mehr Lebensraum geben“, erläutert Förster Olaf Lange.
Ist ein Baum erst einmal krank und geschwächt, dann ziehen nicht selten neue Mieter ein - Ameisen. Sie suchen sich eine Höhlung oder morsche Stelle als neuen Wohnsitz aus. Deshalb sollten Bäume, an deren Stammfuß verstärkt Ameisen zu beobachten sind, kontrolliert werden, denn dann ist womöglich im wahrsten Sinne es Wortes etwas faul und die Standsicherheit des Großgehölzes kann gefährdet sein. Im Zuge der „Exkursion“ zeigt Menzel einen Baumstumpf, an dem sich unzählige Ameisen breitgemacht haben. Das, was vom Gewächs übrig ist, ist extrem morsch, das Holz bröselt bei der leichtesten Berührung.
Für Ameisen, andere Insekten sowie Vögel und diverse Kleintiere ist aber auch ein toter Baum begehrter Lebensraum. Deshalb bleiben auf dem Areal rund um die Kirche fünf auf ungefährliche Maße „zurechtgestutzte“ Stämme stehen, die Baum-Biotope. „Sie werden so gekappt, dass noch Bruthöhlen vorhanden sind. Außerdem sollen Nistkästen angebracht werden“, berichtet Menzel. „Diese bewusst stehengelassenen Stämme sind keine Gefahr mehr, aber ein wertvoller Lebensraum für Kleintiere“, unterstreicht auch Friedrich Lange. Der Unternehmer geht davon aus, dass die gesamte Maßnahme auf dem Gelände Ende dieses Monats abgeschlossen sein wird.
In der vergangenen Woche musste seine Mannschaft wegen starker Winde immer wieder Zwangspausen einlegen. Bei heftigen Böen ist die Arbeit mit der Motorsäge auf dem Hubsteiger in bis zu 30 Metern Höhe einfach viel zu gefährlich. Dennoch sind die Fachleute schon ganz gut vorangekommen, am Boden liegt bereits eine Menge Holz. „Das Astwerk wird zerkleinert, die wertvollen Stämme werden für die Holznutzung verkauft“, erklärt Lange.
Künftig wird man sich in der Kirchengemeinde Gedanken über die Wegführung machen, um die gesunden Bäume vom „Druck“ durch parkende Fahrzeuge zu entlasten. Und bei den Neuanpflanzungen soll Wert auf eine Mischung verschiedener Arten gelegt werden. Anke von Fintel: „Wir wollen dafür sorgen, dass auch künftige Generationen rund um die Kirche im Schatten ehrwürdiger Bäume spazieren gehen können.“