Erst zu trocken, dann zu nass, nun blüht sie doch: „Lila Pracht“ ist erwacht | Aktuelle Nachrichten und Informationen

Start der Heideblütensaison: Reiter von Polizei und Johannitern patrouillieren wieder zusammen mit „Rangern“ der Naturwacht rund um den Wilseder Berg

Erst zu trocken, dann zu nass, nun blüht sie doch: „Lila Pracht“ ist erwacht

Jeden Sommer, wenn der Verein Naturschutzpark (VNP) zu diesem „Standardtermin“ nach Niederhaverbeck einlädt, sind alle zur Stelle. So auch am vergangenen Freitag – mit einer Ausnahme: „Alle sind pünktlich zum Termin hier, nur die Heide hat sich nicht ans Drehbuch gehalten“ – sie sei gewissermaßen überpünktlich, begrüßt VNP-Geschäftsführer Marc Sander wieder Vertreter der Naturwacht des Vereins sowie beteiligter Institutionen wie Polizei und Johanniter-Unfall-Hilfe zum Start der Heideblütensaison. Auf Fahrrad und Pferd durchstreifen sie in den kommenden Wochen die Heide, die dieses Jahr ein „holprigen Start“ erlebt hat: „Erst ist sie vertrocknet, dann abgesoffen, nun blüht die Heide – und das eigentlich ein wenig zu früh“, erklärt Sander. Er rechnet für die „lila Pracht“ mit einer verkürzten Blütephase, in der jedoch auch in dieser Saison die Beteiligten alle Hände voll zu tun haben werden.

„Die Heide macht nun einmal viel Arbeit“, weiß der Geschäftsführer des Vereins Naturschutzpark, der immerhin 4.000 Einzelflächen instandhalten müsse. Dabei reichen die Maßnahmen zur Pflege dieser einmaligen Kulturlandschaft vom sogenannten Plaggen, bei dem mit großen Maschinen die oberen, von Gras durchzogenen Schichten abgetragen werden, bis hin zum Einsatz „tierischer Helfer“: Heidschnucken fressen die jungen Triebe jener Pflanzen, die hier gar nicht erst größer werden sollen. Zwei- und Vierbeiner betrieben laut Sander also viel Aufwand, um die Natur zu erhalten – und das bei nicht unerheblichem finanziellen Aufwand: „Die Heidepflege ist ein Verlustgeschäft.“

Die Heide mache aber nicht nur Arbeit, die schaffe auch welche: „Es ist schon erstaunlich, wie viele Jobs in der Region an dieser kleinen Pflanze hängen“, zählt der VNP-Geschäftsführer nur einige Beispiele auf. Von der Gastronomie über die Kutscher bis hin zu den zahllosen anderen Gewerben, die direkt oder indirekt mit dem Tourismus zu tun hätten: „Alle helfen mit, damit sich jeder an der Heideblüte erfreuen kann.“

Genau das können Gäste aus nah und fern sowie natürlich auch Einheimische ab sofort tun – und genau hier kommen jene ins Spiel, die beim Pressetermin auf dem Gelände am VNP-Stammsitz im Mittelpunkt stehen: die Beamten der Polizei-Reiterstaffel Hannover sowie Kräfte der Sanitätsreiter der Johanniter-Unfall-Hilfe. „In zwei Blöcken à vier Wochen werden jeweils zwei Beamte im Einsatz sein“, erläutert Polizeikommissar Simon Rölleke, der aktuell in der ersten Schicht zusammen mit seinem Kollegen, Polizeioberkommissar Bastian Ebhardt, rund um den Wilseder Berg unterwegs ist. Treue Gefährten und „Beförderungsmittel“ zugleich sind ihre Pferde „Pablo“ und „Rocco“. Zusammen erlebten sie, wie es Rölleke beschreibt, „immer wieder die gleichen Vergehen: Hunde nicht angeleint, mit dem Pkw ins Naturschutzgebiet gefahren oder als Wanderer die öffentliche Wege verlassen – all das und noch mehr kommt vor, aber insgesamt haben die meisten Besucher der Lüneburger Heide schon ein Bewusstsein dafür, dass sie sich hier an einem besonderen Ort befinden und sich dort entsprechend verhalten sollen. Fast alle, die wir ansprechen, sind sehr verständnisvoll“, so der Polizeikommissar. Das mache den Dienst hier relativ entspannt, freut sich Rölleke, der bereits das sechste Jahr in Folge in der Heide im Einsatz ist. Für seinen Kollegen ist es die erste Saison: „Und ich bin schon sehr gespannt darauf“, so Ebhardt.

Die Beamten schauen nicht nur, dass sich Gäste an die Regeln halten, sondern sie helfen natürlich auch, etwa dann, wenn Wanderer ihre Kräfte überschätzen oder sie sich verletzt haben. Dabei werden die Polizisten speziell an den Wochenenden unterstützt von den Sanitäterinnen und Sanitätern hoch zu Ross: Die Einsatzkräfte der Johanniter-Unfall-Hilfe haben in ihren Satteltaschen alles dabei, um im Fall der Fälle schnell Erste Hilfe leisten zu können. Sie hätten nicht nur erschöpfte Wanderer zu versorgen, erklärt Katja Wachholz, sondern in den vergangenen Jahren sei vor allem eine Gruppe von „Patienten“ häufiger anzutreffen: „Wir haben es mit immer mehr Sportverletzungen zu tun“, denn viele Freizeitsportler entdeckten die Heide als „Trainingsort“, so die Sanitäterin. Sie und ihr Pferd „Loki“ sind bereits seit 2018 jedes Jahr zur Heideblütensaison hier im Einsatz – „alles ehrenamtlich und mit eigenem Pferd“, wie sie betont. Ihre Kollegin Simone Meyer feiert in diesem Jahr ihre Premiere im Naturschutzgebiet: „Man kann hier Hobby und Beruf verbinden“, freuen sich die Sanitäterinnen und passionierten Reiterinnen auf die kommenden Wochen.

In denen drehen auch die Mitarbeiter der Naturwacht der VNP-Stiftung Naturschutzpark Lüneburger Heide mit ihren Fahrrädern verstärkt Runden durch die geschützte Landschaft: Die „Ranger“ beantworten gern die immer wieder gestellten Fragen: „Wieso blüht die Heide an dieser Stelle besonders gut?“ „Warum ist diese Fläche so mit Gras bewachsen? Letztes Jahr war hier noch alles Heide!“ „Warum soll ich meinen Hund an der Leine führen? Das machen die Schäfer mit ihren Hunden doch auch nicht!“

Doch die „Ranger“ informieren nicht nur, sie achten ebenfalls darauf, dass die Besucher im Naturschutzgebiet keine Schäden anrichten. Insgesamt hätten sie nicht nur während der Haupt-, sondern mittlerweile auch in der Nebensaison im Frühling und Herbst, viel zu tun, weiß Sander: „Daher wäre es eine Überlegung, ob man nicht sogar eine ganzjährig besetzte Ranger-Station einrichten sollte.“