„Schneller vor Ort als der Rettungswagen“

Polizei- und Sanitätsreiter zusammen mit dem Fahrrad-Team der VNP-Naturwacht zur Hochsaison wieder im Einsatz im Naturschutzgebiet Lüneburger Heide

„Schneller vor Ort als der Rettungswagen“

Jedes Jahr startet die Stiftung Naturschutzpark Lüneburger Heide (VNP) den Beginn der Heideblütensaison mit einem Gruppenfoto vor großer Kulisse. So waren beim Pressetermin in der vergangenen Woche am VNP-Hauptsitz in Niederhaverbeck zwar wieder alle Beteiligten dabei – Sanitätsreiter der Johanniter-Unfall-Hilfe und Beamte der Polizei-Reiterstaffel Hannover sowie Vertreter der Naturwacht, der Lüneburger Heide GmbH und der Gemeinde Bispingen – nur etwas fehlte im Bild: blühende Heide. Lediglich einige lila Farbtupfer hatte die Szenerie vor Ort zu bieten. „Doch es gibt Regionen, in denen die Heide sehr schön blüht“, versicherte Marc Sander. Der VNP-Geschäftsführer erklärte, warum es an vielen Stellen dieses Jahr eher braun als lila aussieht: „Wir verzeichnen extreme Trockenschäden.“ Dennoch: Das Gebiet wird jetzt zur Hauptsaison wieder etliche Besucher anlocken. Zu deren Sicherheit und um gleichzeitig die Umwelt vor diesem Ansturm zu sichern, sind die Reiter und Radler in den kommenden Wochen wieder im Naturschutzgebiet Lüneburger Heide unterwegs.

„Die Heideblüte mag dieses Jahr etwas ‚fleckig‘ ausfallen“, bemerkte Ulrich von dem Bruch, doch dafür hatte der Geschäftsführer der Lüneburger Heide GmbH auch durchaus gute Nachrichten zu verkünden: Zum Sommer sei die Region quasi ausgebucht, „bis zu den Herbstferien schon bis zu 80 Prozent.“ Touristen und Urlauber seien also reichlich zu erwarten beziehungsweise schon da: „Wir rechnen insgesamt in diesem Jahr mit rund 37 Millionen Gästen“. Ob diese nun eine Stunde oder eine Woche in der Heide bleiben - sie zu versorgen, ist nicht immer einfach: „Alle in der Branche haben mit den üblichen Problemen zu kämpfen: Da kann dann die freie Stelle in der Gastronomie einfach nicht besetzt werden oder das Steak ist plötzlich dreimal so teuer. Doch wir kriegen das alles auch dieses Jahr wieder hin“, betonte von dem Bruch - auch wenn die Heideblüte selbst aktuell ein wenig „blass“ bleibe.

Beim Pressetermin fehlte übrigens nicht nur etwas Farbe, sondern auch Sonne. Statt Urlaubswetter: Regen. „Der kommt leider zu spät“, so Sander. Während es im Februar fast durchgängig geregnet habe, sei von März bis jetzt viel zu wenig Niederschlag verzeichnet worden. „Der Klimawandel ist auch bei uns angekommen“, Teile der Vegetation seien ziemlich vertrocknet. „Die Heideblüte ist dieses Jahr nicht ganz so, wie wir uns das wünschen würden, aber das können wir nun einmal nicht beeinflussen.“

Doch für den Schutz und die Pflege der einmaligen Kulturlandschaft unternehme der VNP hingegen sehr viel, so der Geschäftsführer weiter: Fräsen, Mulchen, Plaggen, Schoppern und Entkusseln - ob mit Gerät und Maschinen oder mit Muskelkraft und der Hilfe der Heidschnucken. Auch andere Maßnahmen der Touristiker und der Gemeinden seien überaus wichtig, um die Heide attraktiv zu halten: „Wir sollten uns alle gegenseitig helfen. Die Region lebt einfach auch von der Heideblüte, und daher müssen alle daran arbeiten, dass das so bleibt.“

Die gute Zusammenarbeit mit dem VNP, der die Heide bereits seit 100 Jahren hege und pflege, hob Dr. Jens Bülthuis hervor: „Es ist eine tolle Kooperation“, so der Bürgermeister der Gemeinde Bispingen. Er habe - nicht zuletzt auch durch seine Vergangenheit als Tierarzt - dabei ein besonderes Verhältnis zu jenen, die die Landschaft hoch zu Ross durchstreiften: „Reiter haben eine besondere Perspektive.“ Das gelte auch und ganz speziell für die berittenen Einsatzkräfte von Polizei und Johannitern: „Wo sie gebraucht werden, um zu helfen, gelangen sie im Galopp viel schneller hin, als wir das mit normalen Mitteln könnten.“

Bülthuis begrüßte beim Pressetermin außerdem den „gewachsenen Kreis der Naturwächter“. Das Team ist auf Fahrrädern auch in der diesjährigen Heideblüten-Saison wieder im Naturschutzgebiet Lüneburger Heide unterwegs, um Fragen wie diese zu beantworten: „Wieso blüht die Heide an dieser Stelle besonders gut?“. „Letztes Jahr war hier noch alles Heide - warum ist diese Fläche so mit Gras bewachsen?“ „Warum soll ich meinen Hund an der Leine führen? Das machen die Schäfer mit ihren Hunden doch auch nicht!“ Diese und etliche andere Anliegen werden von Besuchern an die Helfer herangetragen. Die beantworten alles kompetent: Die Mitarbeiter der Naturwacht der VNP-Stiftung geben geduldig Informationen zu Natur und Landschaft, überwachen zudem die Einhaltung der naturschutzrechtlichen Bestimmungen. Dazu fahren die insgesamt neun Mitarbeiter der VNP-Naturwacht durch das Gebiet rund um den Wilseder Berg. Daneben achten sie auch auf die Einhaltung der ganzjährigen Anleinpflicht für mitführende Hunde, das Fahrverbot für Kraftfahrzeuge im Naturschutzgebiet oder das Wegegebot, nachdem Besucher öffentliche Wege nicht verlassen sollen.

Für Recht und Ordnung sorgt außerdem die Polizei-Reiterstaffel Hannover: Ihr Einsatz während der Hochsaison ist nicht einfach nur „Dienst nach Vorschrift“, sondern auch für die Beamten etwas Besonderes. Die Polizei hoch zu Ross hat in der Heide zur Ferienzeit bereits Tradition.

Das gilt mittlerweile ebenso für die eingesetzten Sanitätsreiter der Johanniter-Unfall-Hilfe vom Kreisverband Harburg. Auch sie sind schon seit vielen Jahren im Sommer zur Stelle, können den Gästen mit ihren Pferden vor allem im Nordteil des Naturschutzgebietes bei Bedarf schnell qualifizierte Hilfe leisten. In den vergangenen Jahren haben die Sanitätsreiter schon etliche Besuchern versorgen können, die sich verletzt oder bei einer Wanderung übernommen hatten.

Die Mittel, um jemanden wieder auf die Beine zu bringen, seien dabei manchmal ganz simpel: „In unseren Packtaschen - ähnlich bestückt wie ein gewöhnlicher Sanitätsrucksack - haben wir immer eine Flasche Wasser dabei“, so Katja Wachholz. Die „Erfrischung“ für kollabierte Jogger oder Wanderer gehöre zu den einfachen Fällen für die Sanitäterin. Sie und ihr Pferd „Loki“ sowie ihre Kollegin Angelika Heitkamp mit deren Pferd „Pepper-Ann“ erleben aber auch noch ganz andere Einsätze: „Von Herzinfarkten und Herzrhythmusstörungen über Stürze und Sportverletzungen bis hin zum Kutschenunfall ist alles dabei“, so Wachholz, „und wir können dann schneller vor Ort sein als jeder Rettungswagen.“

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