Mitte dieses Monats beginnen die Niedersächsischen Landesforsten mit der Renaturierung der Moorflächen im Naturschutzgebiet (NSG) „Tal der kleinen Örtze“ und des Fauna-Flora-Habitats (FFH) 081 „Örtze mit Nebenbächen“ in der Revierförsterei Lintzel bei Oerrel. Hier werden Waldflächen von ungefähr 14 Hektar Größe umgestaltet. Diese Arbeiten werden voraussichtlich vier Wochen andauern. Neben der Sperrung des „Zapfenweges“ wird die anliegende Brücke über die Örtze in diesem Zuge gesperrt und erneuert.
Ende des 19. Jahrhunderts wurden weite Teile der Lüneburger Heide urbar gemacht. So auch mehrere tausend Hektar rund um den Ort Oerrel , wobei seinerzeit auch Moore entwässert wurden. Damals forsteten die Arbeiter das Oerreler Moor und die anliegenden Heideflächen auf. Welf Einhorn, Revierleiter in Lintzel, hat sich alte Unterlagen angeschaut und zeigt sich beeindruckt: „146 Jahre alter Bestand, Wald aus erster Generation von 1879 – wenn ich das lese, lässt es mich natürlich ehrfürchtig werden.“
Geplant hat er hier die Entnahme von Nadelbäumen, vor allem Fichten. Zudem sollen die Moorflächen in dem Gebiet vernässt werden. Die auf der Fläche stehenden Nadelbäumen nutzen das Wasser und lassen es verdunsten – sodass es dem Moorkörper nicht mehr zur Verfügung steht. Werden die alten Gräben nun verschlossen und die Fichten entfernt, bleibt das Wasser in der Fläche. „Durch die Nässe bleibt der Torf erhalten und wächst sogar wieder. Davon profitiert nicht nur das Klima, sondern auch die Biodiversität, da wir einen wichtigen Lebensraum wiederherstellen“, erklärt Einhorn.
Das Forstamt Oerrel hat in enger Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) Heidekreis diesen nächsten Schritt im Bewirtschaftungsplan Moorrenaturierung des FFH-Gebietes 081 geplant und abgestimmt. Die Umsetzung wird bodenschonend mit einer Spezialmaschine erfolgen. Teilweise kann die Fläche nicht befahren werden. Hier werden die Bäume manuell durch Forstwirte gefällt und aus der Fläche geseilt.
„Ich bin sehr gespannt, ich kenne diese Fläche seit Kindheitstagen und dieser Eingriff ist eine große landschaftliche Veränderung“, berichtet Einhorn. „Auf der Fläche stehen alte Moorbirken, die wir erhalten. Später sollen diese als Saatbäume für die Waldmoorübergangsbereiche dienen. Langfristig werden wir in der Kernfläche wieder baumfreie Bereiche mit Torfmoosen sowie Moos- und Krähenbeere haben. Die Randbereiche entwickeln wir in einen standorttypischen Birken-Kiefern-Moorwald“, so Einhorn.
Zum Hintergrund: 1,8 Millionen Hektar natürliche Moore gab es einst in Deutschland. Ein Großteil davon ist zerstört. Experten gehen davon aus, dass 70 Prozent aller Moorpflanzen vom Aussterben bedroht sind. Weltweit bedecken Moore laut Niedersächsischen Landesforsten drei Prozent der Landflache, in ihnen sei aber so viel Kohlenstoff gebunden, wie in der Biomasse aller Wälder der Erde zusammen.
„Im Jahr 2020 wurden aus Moorböden in Niedersachsen 15,8 Millionen Tonnen CO2 freigesetzt, rund 18 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen in Niedersachsen. Das Land Niedersachsen strebt bis 2030 eine Minderung der Treibhausgasemissionen aus Moorböden um jährlich 1,65 Millionen Tonnen CO2 an. Deutschland setzte sich als Ziel, die Treibhausgasemissionen um jährlich 5 Millionen Tonnen CO2 bis 2030 zu reduzieren“, so die Niedersächsischen Landesforsten. Ein wichtiger Baustein im Kampf gegen die Klimakrise sei die Wiedervernässung trockener Moore.