Keine Verspätungen, kein Frust: Die Kleinen nehmen den Kinderbus

Sponsoren machen es möglich: Sechssitzer mit Elektroantrieb bringt die Mädchen und Jungen der Schneverdinger Kindertagespflege „Schaukelpferd“ sicher ins Grüne und zum Spielplatz

Keine Verspätungen, kein Frust: Die Kleinen nehmen den Kinderbus

Es ist seit jeher ein heikles, das Thema Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) im ländlichen Raum. Aktuell steht der „Erixx“-Nachfolger „Start Niedersachsen“ massiv in der Kritik, der aus verschiedenen Gründen Probleme mit Verspätungen hat. Die Unpünktlichkeit der Züge auf dem Heidekreuz bringt insbesondere Pendler auf die Palme, von denen der eine oder andere gar um seinen Job fürchtet. Schwierigkeiten, die den Mädchen und Jungen der Schneverdinger Kindertagespflege „Schaukelpferd“ nicht nur wegen ihres Alters völlig fremd sind. Sie nehmen nämlich den Bus. Und der ist trotz unterschiedlicher Abfahrts- und Ankunftszeiten immer da, wenn sie ihn brauchen. Außerdem schluckt ihr Beförderungsmittel keinen Sprit und meistert selbst Schotterwege in Parks problemlos. Und das Beste: Bei schönem Wetter wird das Gefährt mit wenigen Handgriffen zum Cabrio.

Weil die Passagiere im Alter von einem Jahr bis drei Jahren deutlich weniger Platz als Erwachsene benötigen, heißt der Hersteller des Fahrzeugs nicht etwa „Scania“ oder „MAN“, sondern „Weber Kinderbus“. Und deshalb fällt bei diesem Fortbewegungsmittel alles einige Nummern kleiner aus. Sechs junge Mitfahrerinnen und Mitfahrer finden in ihm Platz. Sicherheit wird dabei groß geschrieben: Jeweils drei Passagiere sitzen sich gegenüber, die vor Beginn der Fahrt für den Fall der Fälle mit Fünfpunkt-Gurten gesichert werden. Auch ansonsten kann sich das Sicherheitspaket sehen lassen, das von zwei getrennten Scheibenbremsen über eine Notbremse und Vorder- und Rückscheinwerfer bis hin zur rutschhemmenden Bodenmatte und zum Regen- und Sonnenschutz eine ganze Menge zu bieten hat.

Dass sich Matti, Elias, Martha, Finn & Co. in „ihrem“ Bus rundum wohlfühlen, war am vergangenen Freitagvormittag nicht zu übersehen. Die Kleinen, die in Kindertagespflege „Schaukelpferd“, betreut werden, wurden von „Busfahrerin“ Regine Schröder durch den Walters-Peters-Park zur Adventure-Schnucken-Golf-Anlage chauffiert. Im Schlepptau hatten sie Kindertagespflegeleiterin Katja Syring und Ulrike Röhrs, stellvertretende Geschäftsführerin des Vereins zur Pflege Hilfsbedürftiger. Letzterer hatte die Einrichtung ins Leben gerufen, in der seit Oktober 2015 eine Gruppe von bis zu fünf Kindern im Alter von einem Jahr bis zwölf Jahren betreut wird. Dieses Angebot richtet sich an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Kinder haben, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern. Es werden aber auch Mädchen und Jungen von Eltern, die nicht für den Verein zur Pflege tätig sind, unter die Fittiche genommen. Betreut werden Krippen-, Kindergarten- und auch Schulkinder. Zusätzlich wird ein Fahrdienst zum Kindergarten und zur Schule angeboten.

Seit jeher gehen die Betreuerinnen so oft wie möglich mit den Kleinen ins Grüne. Das bietet sich auch an, weil sich der Walter-Peters-Park in unmittelbarer Nähe befindet. Die Kindertagespflege ist nämlich im Gebäude des Vereins zur Pflege in der Verdener Straße 10 untergebracht, gleich nebenan ist das Seniorenzentrum „Schaukelstuhl“ zu finden. Bislang nutzten die Frauen einen Bollerwagen, um die Kleinen durch die Parkanlage zum Spielplatz zu ziehen. Das seinerzeit bereits gebrauchte Transportmittel war allerdings arg in die Jahre gekommen, berichtete Syring. Inspiriert durch eine andere Gruppe kam die Idee auf, einen Kinderbus für die „Schaukelpferd“-Schützlinge zu beschaffen. Favorit war dabei sogleich der „Kompakte“, der in Sachen Design Parallelen zum Kult-Kleinbus von Volkswagen aufweist, der auch liebevoll „Bulli“ genannt wird.

Zwar kostet der „Kleine“ weitaus weniger als das „Original“, aber in der gewünschten Ausstattung doch immerhin rund 5.000 Euro. Deshalb bemühte sich der Verein zur Pflege um finanzielle Unterstützung - mit Erfolg. Die Kreissparkasse Soltau unterstützte das Projekt „Bus-Beschaffung“ mit 3.000 Euro, weitere Mittel steuerten die Allianz-Vertretung von Benjamin Ziel und die Werkstatt Sarnacki, ebenfalls aus der Heideblütenstadt, bei. Die Werbung auf dem Bus finanzierte die Adventure-Schnucken-Golf-Anlage.

Begeistert sind alle von dem neuen Kinderbus, nicht nur die kleinen Passagiere. „Für uns ist das eine große Erleichterung“, betonte Syring, die mit den Kindern nicht nur in den Park fährt, sondern auch schon mal zum Wochenmarkt, zum Stadtbrunnen oder zur Stadtbücherei: „Wenn wir in der Stadt unterwegs sind, sprechen uns viele Leute an, gerade die Älteren.“

Der „Mini-Bulli“ für die Minis ist aber nicht nur ein Hingucker, sondern auch „schulterschonend“. Anders als der frühere Bollerwagen wird er geschoben, wobei der Elektromotor den „Busfahrerinnen“ die Arbeit abnimmt. „Man hat die Kinder im Blick - und sie können allein ein- und aussteigen“, nennt Röhrs einige Vorteile des „Neuen“. Zudem ließen sich die Sitze schräg stellen, wenn ein Kind angesichts der beruhigenden Fahrt eingeschlafen sei. „Uns ist es wichtig, dass wir mit den Kleinen jeden Tag ein bis zwei Stunden rausgehen, egal bei welchem Wetter, damit die Kinder an der frischen Luft sind“, so Syring. Sollte es unterwegs regnen, dann lässt sich im Handumdrehen ein schützendes Dach aufspannen.

Außerdem ist für Proviant und mehr genügend Platz im Kinderbus: „Essen, Trinken, Decken, Spielzeug - wir können alles mitnehmen“, freut sich Syring. Weil auch andere Tagesmütter mit ihren Schützlingen regelmäßig den Spielplatz im Walter-Peters-Park besuchen, haben die Betreuerinnen dort Gelegenheit zum Austausch. „Kindertagespflegeplätze sind rar in Schneverdingen. Einige haben auch vor, aufzugeben. Es gibt teilweise schon jetzt Wartelisten - und ich befürchte, die Lage wird sich zuspitzen“, sagte Syring. Doch das ist ein anderes Thema, freuen sich doch Kinder und Betreuerinnen wie Bolle über den „Bulli“. „Ohne die Unterstützung der Sponsoren hätten wir ihn uns nicht leisten können“, unterstrich Röhrs.

Timo Balke, Leiter der Schneverdinger Filiale der Kreissparkasse Soltau: „Der Verein zur Pflege bringt sich in Schneverdingen an vielen Stellen mit kreativen Ideen ein, wie auch die schnell eingerichtete Corona-Teststation des Vereins gezeigt hat. Die Kindertagespflege ist eine Einrichtung zur Entlastung der Pflegekräfte. Und das unterstützen wir natürlich gern.“

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