Ein Stadtwerk zu leiten, ist aktuell eine Herkulesaufgabe, verändert die Transformation der Energiesysteme doch bewährte Strukturen und Geschäftsfelder. Detlev Weber stellt sich seit über 100 Tagen dieser Herausforderung: Im März trat er sein Amt als alleiniger Geschäftsführer der Heidjers Stadtwerke an. In seinen ersten Wochen hat sich der Diplom-Ökonom einen umfassenden Überblick über das gesamte Unternehmen verschafft, im zweiten Schritt treibt er die Digitalisierung im Unternehmen voran.
Die aktuelle Situation des Unternehmens bezeichnet Weber als solide: „Nach den Jahren 2022 und 2023, in denen die Heidjers Stadtwerke – wie viele andere Energieversorger auch – durch die Sondereffekte der Energiekrise Verluste gemacht haben, liegt mit 2024 wieder ein Jahr mit Gewinn hinter uns“, gibt der Geschäftsführer einen Einblick in die Bilanz. Die „exorbitant hohen Preise an den Energiemärkten durch die Energiekrise“ seien vorerst Geschichte. Mit einer „soliden Beschaffungsstrategie“ hätten sich die Heidjers Stadtwerke jedoch „für künftige Turbulenzen noch besser gewappnet“, so der Geschäftsführer. Ein gutes finanzielles Polster als Energieversorger zu haben, sei aktuell besonders wichtig. Weber: „Unser Investitionsvolumen wird gegenüber der Vergangenheit massiv ansteigen.“ Gründe dafür gebe es viele: Um immer mehr Wärmepumpen, E-Ladesäulen, Photovoltaikanlagen und Speicher ans Stromnetz nehmen zu können, müsse letzteres kräftig ausgebaut werden. Hinzu kämen mögliche Investitionen in Windenergieanlagen und Wärmetechnik. Auch die Modernisierung des Hallenbads und der Trinkwassernetze sowie der Glasfaserausbau müssten finanziell getragen werden.
Der Umbau des Hallenbades ist gerade mitten in der Umsetzung (HK berichtete). Von der Technikmodernisierung versprechen sich die Stadtwerke eine Energie- und Kosteneinsparung von rund 15 Prozent.
Der kommunale Versorger braucht in den kommenden Jahren ausreichend Kapital, um seine Infrastruktur fit für die Zukunft zu machen. „Ziel ist, dass wir die Finanzierung breit aufstellen“, erklärt der Ökonom. Für diese Aufgabe stellt er den kaufmännischen Bereich der Heidjers Stadtwerke auf neue Füße: Die Teams für Controlling und Rechnungswesen werden vergrößert. Zusätzlich implementiert Weber mit seinem Team eine integrierte Unternehmensplanung, die es ermöglicht, fundierte Entscheidungen zu treffen, Ressourcen optimal zu nutzen und durch engere Zusammenarbeit verschiedener Bereiche effizienter zu sein. „Zusätzlich investieren wir aktuell also auch viel in die Reorganisation und Digitalisierung, damit wir auch in 20 Jahren noch stabil dastehen“, erläutert der Geschäftsführer.
Seit seinem Einstieg hat er gemeinsam mit den Beschäftigten die Umsetzung einer umfassenden Digitalisierungsstrategie vorangetrieben. „Wir wollen die in den vergangenen Jahren gewachsenen Datensilos aufbrechen und alles miteinander verknüpfen – dadurch werden wir schneller und effizienter. So eine Veränderung stellt die Arbeitsabläufe aller Abteilungen zunächst auf den Kopf, aber es wird sich lohnen.“ Weber freut sich, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wie er sagt, „so gut mitziehen und den neuen Systemen offen gegenüberstehen“, denn: „Einen ersten Effizienzgewinn sehen wir bereits bei unserer neuen, digitalen Rechnungsprüfung – diese erlebbaren Effekte spornen an.“
Ein Ziel hat Detlev Weber für die Heidjers Stadtwerke vor Augen: „Wir möchten 2026 eines der modernsten Stadtwerke hier im Norden sein.“ Auf diesem Weg möchte er alle Mitarbeiter abholen und mitnehmen. Transparenz, ein vertrauensvolles Miteinander und eine hohe Eigenverantwortlichkeit der Kolleginnen und Kollegen sei ihm dafür wichtig. Deshalb habe er bereits Hierarchieebenen im Unternehmen reduziert und die Kommunikation intensiviert.
Für die Zukunft gelte es, neue, zukunftsfähige Geschäftsfelder aufzubauen, die weniger abhängig vom Energievertrieb seien und dem Kunden langfristig Nutzen brächten. Das könnten beispielsweise unterschiedlichste Dienstleistungen sein, für die die Kompetenz bei den Stadtwerken bereits vorhanden sei oder ausgebaut werden könne. So sieht der Geschäftsführer „unter anderem im Glasfaserausbau ein zukunftsfähiges Geschäftsfeld.“
Klar sei auch bereits, dass die Heidjers Stadtwerke die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien weiter ausbauen werden. Dafür schweben dem Geschäftsführer auch neue Finanzierungsmodelle vor: „Ich möchte gerne die Menschen hier vor Ort auf den Weg in die neue Energiewelt mitnehmen und gemeinsam mit ihnen Energieprojekte möglich machen – so, dass alle davon profitieren“, unterstreicht Weber. Das Prinzip dahinter heißt Bürgerenergie: Bürgerinnen und Bürger beteiligen sich finanziell an lokalen Projekten wie Solaranlagen oder Windrädern – und werden so selbst Teil der Energiewende.