Unter dem Schutz alter Eichen ist es bislang prächtig „gewachsen“, das neue Seminargebäude für die Alfred-Toepfer-Akademie für Naturschutz, das auf Hof Möhr gebaut wird. Im April dieses Jahres hatten die Arbeiten begonnen, inzwischen steht der Rohbau und die Zimmerarbeiten sind so gut wie abgeschlossen. „Normalerweise hätte man jetzt Richtfest gefeiert. Das wird bei Maßnahmen des Landes aber erst bei deutlich höheren Bausummen gemacht“, erklärt Projektleiterin Petra Elias vom Staatlichen Baumanagement Lüneburger Heide am vergangenen Freitagvormittag. Bei strahlendem Sonnenschein informiert sie gemeinsam mit Dr. Eick von Ruschkowski, Leiter der Alfred- Toepfer-Akademie für Naturschutz, im Rahmen eines Baustellenrundgangs über den aktuellen Stand.
Das Staatliche Baumanagement Lüneburger Heide, das mehr als 7.000 Bauwerke in den Landkreisen Celle, Harburg, Heidekreis, Lüchow-Dannenberg, Lüneburg und Uelzen betreut und als eines von sieben staatlichen Bauämtern in Niedersachsen für die Baumaßnahmen des Landes und des Bundes verantwortlich zeichnet, hat auch beim Projekt auf Hof Möhr die Federführung übernommen. Es stand bereits bei der Planung vor einer besonderen Herausforderung, denn das neue Gebäude entsteht im Naturschutzgebiet und sollte sich in Sachen Standort harmonisch in die unter Denkmalschutz stehende Hofstruktur einfügen.
„Damit hatten wir hier eine Besonderheit: Den Neubau in das Hofensemble einzufügen, ohne das historische Bild zu zerstören“, erläutert die Projektleiterin. Dabei sei es allerdings nicht darum gegangen, ein Gebäude im früheren Stil zu planen, „denn auch im Denkmalschutz können Neubauten durchaus modern interpretiert werden.“ Letztlich sei es gelungen, einen guten Standort für das Bauwerk zu finden.
Bei der Konzeption wurde darauf geachtet, dass das, was später im Inneren bei Schulungen Thema sein wird, bereits beim Bau eine große Rolle spielt: Naturschutz und Nachhaltigkeit. Deshalb werden zum großen Teil regionale Materialien verwendet, zum Beispiel Heidschnuckenwollfilz für die Akustikdämmung. Darüber hinaus wird zu weiten Teilen auf den nachwachsenden Rohstoff Holz gesetzt. Dicke Balken stützen die Decke, außerdem wird das gestalterisch in zwei Baukörper mit Flachdächern gegliederte Objekt mit einer Eichen-Lamellenfassade „verbrettert“ und mit einem Holzfußboden versehen. Damit sich die Seminarteilnehmer mit der Natur verbunden fühlen können, gibt es eine großzügig dimensionierte Verglasung. „Wenn man durch den Haupteingang kommt, schaut man durch das Glas in den Wald und auf Totholz, so dass man quasi direkt in der Natur ist“, berichtet Elias beim Rundgang. Darüber hinaus werde der Seminarraum zur angrenzenden Streuobstwiese ausgerichtet und erhalte ein vorgelagertes, überdachtes „Grünes Klassenzimmer“.
Was die Versorgung angeht, so wird auf das Konzept der Energieunabhängigkeit gesetzt. Deshalb wird das Seminargebäude über eine Geothermie-Wärmepumpe verfügen. Auf eine Klimaanlage wird verzichtet, da die umliegenden Eichen reichlich Schatten spenden.
Das eingeschossige Gebäude, dessen Seminartrakt etwa 75 Zentimeter höher ist als der zweite Baukörper, wird nach Fertigstellung über eine Grundfläche von insgesamt rund 310 Quadratmetern verfügen. Neben dem 125 Quadratmeter großen Seminarraum, der in zwei Räume aufgeteilt werden kann, gibt es ein etwa 60 Quadratmeter großes Foyer sowie Nebenräume für Garderobe, Teeküche, WC-Anlagen, Lager und Technikbereiche.
Zunächst war das Staatliche Baumanagement Lüneburger Heide von Baukosten in Höhe von rund 1,3 Millionen Euro ausgegangen. Diese belaufen sich nun auf circa 1,5 Millionen Euro. 60 Prozent der Mittel fließen aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), die anderen 40 Prozent steuert das Land Niedersachsen bei. Petra Elias begründet die Kostensteigerung mit höheren Preisen in Sachen Betriebstechnik, also im Bereich Elektro, Heizung und Sanitär. Die Projektleiterin und von Ruschkowski betonen beim Gang über die Baustelle, dass dort nur zwei Bäume hätten gefällt werden müssen, „von denen einer“, so der Akademie-Direktor, „bereits tot war.“ Laut Elias gibt es für die Baumaßnahme einen landschaftspflegerischen Begleitplan, „alle Eingriffe in Natur und Landschaft werden vollumfänglich kompensiert.“
Darüber hinaus wird auch eine Maßnahme für den Tierschutz realisiert, wie von Ruschkowski erläutert. Die großen Glasflächen erhielten spezielle Folien „als Maßnahme gegen Vogelschlag.“ Der Akademie-Chef zeigt sich erfreut, dass das Staatliche Baumanagement Lüneburg für die Projektleitung verantwortlich zeichnet, „denn das ist für uns eine große Erleichterung.“ Ein großes Lob spricht er dem beauftragten Architekturbüro und den beteiligten Handwerksfirmen aus. 15 Unternehmen sind beteiligt, überwiegend aus Niedersachsen. „Rund 50 Prozent stammen aus der Region“, so Elias und nennt Unternehmen zum Beispiel aus Schneverdingen, Neuenkirchen, Grauen und Undeloh.
Seit 1982 ist Hof Möhr der Sitz der Alfred Toepfer Akademie für Naturschutz, der nun weiterentwickelt wird. Im neuen Seminargebäude sollen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die ein Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) absolvieren, geschult werden. Die Übergabe des Gebäudes ist für Februar kommenden Jahres geplant. „Im Mai gehen wir in den Probebetrieb und können gegebenenfalls noch Kinderkrankheiten abstellen“, sagt von Ruschkowski. Im August werde dann der neue Jahrgang der FÖJler erwartet.
Das Gebäude ist übrigens ausschließlich als Ort für Seminare und Veranstaltungen konzipiert. Teilnehmerinnen und Teilnehmer können hier aufmerksam zuhören, sich anschließend aber nicht „auf’s Ohr hauen“. Doch das ist kein Problem: „Wir nutzen die umfangreichen Übernachtungsmaßnahmen in unmittelbarer Nachbarschaft“, erklärt der Direktor der Akademie und meint damit das Feriendorf des Deutschen Erholungswerkes, mit dem es eine Partnerschaft geben soll. Angedacht sei auch eine Einweihungsfeier, verrät er weiter: „Die Vorfreude ist schon jetzt auf allen Seiten groß.“