Vorstand begrüßt den 60.000. Fahrgast | Aktuelle Nachrichten und Informationen

Mitglieder des Bürgerbusvereins Schneverdingen überraschen Passagierin

Vorstand begrüßt den 60.000. Fahrgast

Es nieselt am vergangenen Mittwochvormittag in Schneverdingen. Gut, dass Andreas Kurock, Klaus Kolmsee, Jutta Duden und Elisabeth Dettmering vom Vorstand des örtlichen Bürgerbusvereins sowie weitere Mitglieder ein Dach über dem Kopf haben. Sie stehen im Wartehäuschen an der Bushaltestelle Am Brink und machen dort genau das, wofür die Konstruktion aus Metall und Plexiglas im Herzen der Heideblütenstadt vorgesehen ist: sie warten. Das allerdings nicht lange, denn pünktlich steuert Norbert Dittmann einen der beiden rot-weißen Bürgerbusse des Vereins durch die Kurve an der Eisdiele und stoppt das Fahrzeug an der Haltestelle. Dass der Fahrer ohne Verspätung eintrudelt, ist keine große Überraschung, ist doch Pünktlichkeit im Linienverkehr für die Vereinsmitglieder oberstes Gebot. Sichtlich überrascht ist allerdings Passagierin Marlies Fielder aus Heber. Kaum hat sie den Bus verlassen, wird sie auch schon von den Vereinsmitgliedern umringt und herzlich begrüßt. Kurock überreicht ihr einen Blumenstrauß und erklärt der 72-Jährigen sogleich, was es mit dem Empfangskomitee auf sich hat.

„Sie haben das Glück, dass sie der 60.000 Fahrgast unseres Bürgerbusses, der seit knapp zehn Jahren in Betrieb ist, sind“, erklärt Andreas Kurock, Leiter Fahrbetrieb, der verdutzten Heberanerin und überreicht den floralen Gruß im Namen des Bürgerbusvereins. Etwas überrumpelt erklärt Fielder, dass sie das Mobilitätsangebot des Vereins hin und wieder und dann sehr gern in Anspruch nimmt. Sie ließ sich auch diesmal auf der Linie 110 chauffieren, die laut Kurock „die am meisten frequentierte Tour ist.“ Auf dieser Route werden die Fahrgäste vom Bahnhof in Schneverdingen nach Insel „kutschiert“, weiter nach Wesseloh und Wintermoor und über Insel wieder zurück zum Bahnhof in der Heideblütenstadt.

„Es macht Spaß“, antwortet Norbert Dittmann auf die Frage, warum er sich als Fahrer im Bürgerbusverein engagiert. „Und es ist sehr hilfreich für viele Menschen, die nicht mehr Autofahren können. Wir fahren da, wo andere nicht fahren“, so Dittmann, der im Verein seit drei Jahren hinter dem Steuer sitzt und zudem als Leiter Technik wichtige Aufgaben übernimmt. „Heute morgen habe ich ein älteres Ehepaar gefahren, der Mann ist auf einen Rollator angewiesen“, sagt der Busfahrer. Es mache immer wieder aufs Neue Freude, in solchen Fällen als Ehrenamtlicher Unterstützung leisten zu können. Dann muss er auch schon wieder los, lässt den Motor an und fährt weiter, um die nächsten Haltestellen anzusteuern.

Das, was Dittmann gesagt hat, bestätigt die 82-jährige Ella Janiesch aus Großenwede, die ebenfalls in der Stadtmitte ausgestiegen ist. „Ich bin froh, dass es dieses Angebot gibt“, unterstreicht die Seniorin. Ein- bis zweimal im Monat nutze sie den Bürgerbus. „Oft fährt mich meine Tochter zum Einkaufen, aber sie hat natürlich nicht immer Zeit. Da ist es gut, dass ich den Bürgerbus nehmen kann“, erklärt die Großenwederin.

Was die Fahrgastzahlen angeht, war das vergangene Jahr laut Kurock „das erfolgreichste.“ Im Gespräch am Wartehäuschen, der Nieselregen hat nachgelassen, untermauert er dies mit Zahlen: „Im vergangenen Jahr hatten wir 8.818 Fahrgäste. Allein im Dezember nutzten 635 Personen den Bürger-bus. Davon hatten 146 ein Deutschlandticket.“ Im gesamten Jahr 2024 habe der Verein mehr als 2.000 Fahrgäste mit dem sogenannten 49-Euro-Ticket befördert. „Das sind knapp 25 Prozent der Bürgerbus-Fahrgäste. Dadurch haben wir Einnahmeausfälle, die durch die Erstattung nicht ausgeglichen werden.“ Ohne das Deutschlandticket, das seit Jahresbeginn 58 Euro kostet, sowie ohne andere anerkannte Fahrausweise habe der Verein im vergangenen Jahr Fahrgelder in Höhe von insgesamt 7.244 Euro eingenommen – und das bei einem Jahresetat in Höhe von rund 58.000 Euro.

Was die Vereinsmitglieder eint, ist die Freude am ehrenamtlichen Engagement zum Wohle der Gesellschaft, insbesondere derjenigen, die nicht mobil sind, zumeist ältere Bürgerinnen und Bürger. „Wir haben flache Hierarchien“, betont Klaus Kolmsee, im Vorstand als Leiter Repräsentanz tätig. Dass zudem ein freundschaftlicher Umgang gepflegt wird, spürt jeder, der die Vereinsmitglieder bei der „Arbeit“ sieht. Dem geschäftsführenden Vorstand gehören fünf gleichberechtigte Mitglieder und vier Beisitzerinnen und Beisitzer an.

Aktuell verfügt der Verein, der rund 80 Mitglieder zählt, über zwei Busse. Ein Fahrzeug wurde mit Mitteln des Bundes, des Landes und der Stadt Schneverdingen finanziert, das andere über Kredite, die weiterhin abbezahlt werden. „Wir managen das so, dass zumindest immer ein Bus zur Verfügung steht“, erklärt Kurock.

Ohne diejenigen, die die Fahrgäste zuverlässig von A nach B bringen, ginge freilich nichts. 24 Ehrenamtliche setzen sich regelmäßig hinter das Lenkrad, davon zwei Frauen. Im vergangenen Jahr ist es dem Verein gelungen, drei neue Fahrer zu gewinnen. Allerdings hören nun auch fünf zuverlässige Kräfte aus Altersgründen auf. „Sie sind seit zehn Jahren dabei und zwischen 78 und 80 Jahre alt. Zum Erwerb des Personenbeförderungsscheins sind ärztliche Untersuchungen erforderlich – und manche wollen das nicht mehr. Es gibt aber auch Fälle, in denen Fahrer gern weitermachen würden, aber das ärztliche Gutachten dies nicht mehr hergibt. Das hängt zumeist mit der Sehfähigkeit zusammen“, erklärt Kurock: „Diejenigen, die jetzt aufhören, machen das mit Wehmut. Auf jeden Fall benötigt unser Verein in diesem Jahr möglichst vier neue Fahrerinnen und Fahrer.“

Zusammenhalt ist Trumpf im Verein, aber auch über den Tellerrand hinaus setzten die Mobilitätsgaranten auf Gemeinsamkeit, wie Kurock berichtet. „Die Verantwortlichen der fünf Bürgerbusvereine im Heidekreis treffen sich inzwischen in unregelmäßigen Abständen. Gemeinsam haben wir das Projekt angeschoben, dass ein sogenannter Poolbus, also ein Ersatzbus, der im Bedarfsfall jedem der Vereine zur Verfügung steht, angeschafft werden soll. Die Gespräche mit Land, Landkreis, Landrat und Kommunen laufen, wir sind da schon recht weit. Eine Entscheidung ist wegen der Frage der Finanzierung allerdings noch nicht gefallen, weil rund 20.000 Euro der Gesamtkosten über die Kommunen finanziert werden müssten. Hier fehlen jetzt noch die Beschlüsse der Politik“, so der Leiter Fahrbetrieb. Etwas anderes hingegen sei schon in trockenen Tüchern: „Das zehnjährige Bestehen unseres Vereins werden wir am 1. März groß auf dem Theeshof feiern.“

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