75 Jahre Gewerkschaftsmitglied

92-jähriger Soltauer Bruno Seithe nimmt Ehrenurkunde und Ehrennadel entgegen

75 Jahre Gewerkschaftsmitglied

„Wer kümmert sich denn sonst um höhere Löhne?“, fragte der Soltauer Bruno Seithe rein rhetorisch, als er kürzlich von Vertreterinnen der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) Besuch bekam. Der Anlass: Seithe ist seit stolzen 75 Jahren Gewerkschaftsmitglied.

Der im August 1947 gerade ausgelernte Elektriker fing damals bei den Dortmunder Stadtwerken an. „Mit 14 Jahren ging ich schon in die Lehre. Gerade mal 17 war ich, da lagen die Beitrittsformulare für Gewerkschaft und SPD gleich neben dem Arbeitsvertrag. Alles in einem Abwasch. Man musste doch zusammenhalten - und das geht nur mit vielen“, so der 92-Jährige. Gern empfing der Jubilar die Verdi-Vertreterinnen Helga Angenendt und Renate Gerstel mit Kaffee und Torte, letztere eigens gebacken von seiner sich rührend kümmernden Haushaltshilfe. Und so ließen es sich die beiden ehrenamtlichen Vorstandsmitglieder auch nicht nehmen, Ehrenurkunde, goldene Nadel, Picknick-Set und einen edlen Tropfen persönlich zu überreichen.

Im netten Gespräch ließ Seithe etliche schöne, aber auch traurige Ereignisse Revue passieren. Noch heute gehört die Dortmunder Straßenbahn zu den Stadtwerken. „Alles, was fährt, bin ich gefahren, sogar mit Uniform“, sagte der 92-Jährige und zeigte alte Schwarz-Weiß-Fotos. Er war erst zwölf Jahre alt, als er seinen Vater verlor. Später schaute er sich beim Stiefvater ab, wie man Häuser baut. „Meine Mutter hatte sich schließlich einen Maurer geangelt“, scherzte Seithe. Er lebt zwar seit mehr als 30 Jahren in Soltau, seinen Ruhrpott-Humor hat er sich aber bewahrt. „Zwei Häuser hab’ ich hingestellt und alles allein gemacht. Da wohnen jetzt zwei meiner Töchter“, erzählte er stolz. „Das wäre ohne den guten Lohn aber nicht gegangen“, betonte der Jubilar, der bis heute überzeugtes Verdi-Mitglied ist.

Und was hat ihn hierher verschlagen? „Wir haben hier immer gern Urlaub gemacht – und irgendwann sind wir hier geblieben“, so Seithe. Das Bauen lässt ihn übrigens bis heute nicht los. Leidenschaftlich gern bastelt er Häuser, aber auch Unimogs und manchmal auch Schiffe. „Beim Modellbau werde ich manchmal selbst zum Schräubchen. Manchmal dauert es 15 Minuten, bis so ein Ding endlich sitzt“, verriet der Jubilar: „Und einfach immer was machen.“ Das sei das Beste gegen trübe Gedanken und eines seiner Lebensmottos.

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