„Bereich künftig im Blick behalten“ | Aktuelle Nachrichten und Informationen

Soltau: Schwalbennester im Dienstleistungszentrum verschwunden

„Bereich künftig im Blick behalten“

Als Antje Börger jüngst - wie so oft - an der Gebäudereihe mit der Alten Reithalle im Soltauer Dienstleistungszentrum vorbeiging, mochte sie ihren Augen kaum trauen: Sämtliche Schwalbennester, die noch kurz zuvor unter den Dachüberständen gehangen hatten, waren verschwunden. Nur noch ein paar Reste waren dort zu sehen, wo sich die eleganten Flieger bisher eingerichtet hatten. Für die Soltauerin ein Ding der Unmöglichkeit, zumal das Entfernen solcher Nester in der Brutzeit verboten ist.

Darauf macht auch Klaus Thiele, 2. Vorsitzender des NABU Heidekreis, aufmerksam. Schwalben haben zwar ein gutes Image, denn sie bringen den Sommer mit und gelten auch als Pendant der „Wetterfrösche“, doch ihre Lebensbedingungen und die Möglichkeit, Lehm zum Bau ihrer Nester zu finden, werden immer weiter eingeschränkt. Dies, so Thiele, lasse sich an den Zahlen ablesen: „So ist der Bestand an Rauchschwalben in Niedersachsen zwischen 1985 und 2014 von rund 200.000 auf 105.000 und die Anzahl brütender Mehlschwalben von 100.000 auf 80.000 Paare zurückgegangen.“ Um diesem negativen Trend entgegenzuwirken informiert der Naturschutzbund Niedersachsen (NABU) im Rahmen der Aktion „Schwalben willkommen“ über verschiedene Hilfsmaßnahmen wie das Anbringen künstlicher Nisthilfen oder das Anlegen von Lehmpfützen und zeichnet die Hausbesitzer, die Schwalben in Kolonien an oder in ihren Häusern brüten lassen, mit der Plakette „Schwalbenfreundliches Haus“ aus.

Allerdings kommt es immer wieder vor, daß Schwalbennester von Sauberkeitsfanatikern auch während der Brut- und Aufzuchtszeit entfernt werden. Nach dem Bundesnaturschutzgesetz, so Thiele, sei es allerdings verboten, „Fortpflanzungs- und Ruhestätten der wildlebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören“. Dies gelte auch, wenn die erste Brut bereits ausgeflogen sei, da viele Paare ein zweites Mal brüteten und Jungvögel außerdem gern zum Ausruhen und Übernachten in ihr Nest zurückkehrten. Wer gegen den Paragraphen verstoße, müsse mit einem Ordnungswidrigkeitsverfahren seitens der unteren Naturschutzbehörde oder sogar mit einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft rechnen.

Was in diesem Zusammenhang die verschwundenen Nester im Dienstleistungszentrum betrifft, läßt sich nichts wirklich nachvollziehen. Zuständig für die Gebäude ist die stadteigene Ansiedlungs- und Wohnungsbaugesellschaft Soltau (AWS). Und die habe die Nester nicht entfernen lassen, so AWS-Geschäftsführer Olaf Hornbostel auf Anfrage: „Wir sind selbst erstaunt, daß alle Nester abgeräumt worden sind. Wir finden das sehr bedauerlich, können uns aber nicht erklären, was da passiert ist. Unsere Mitarbeiter jedenfalls und auch die Mieter haben nichts damit zu tun. Das haben wir überprüft“, unterstreicht Hornbostel. Im Gegenteil - die Schwalben seien dort immer wohlgelitten gewesen. So hat die AWS in der Vergangenheit sogar in einigen Bereichen Kotbretter unter den Nestern angebracht, damit die Schwalben ungestört brüten können, ohne die darunterliegenden Fenster zu verschmutzen.

Daß die Nester ungezügeltem Vandalismus zum Opfer gefallen sein könnten, scheint allerdings ebenfalls wenig wahrscheinlich. Das sieht auch der AWS-Geschäftsführer so: „Die Nester hingen zu hoch, um sie mal eben abzureißen.“

Bleiben noch Nesträuber als Spekulationstäter. Hier reicht das Spektrum von der Schleiereule bis zu Elster und Schwarzspecht. Seltener seien Säugetiere am Werk, heißt es auf Wikipedia. Immerhin ist dort zu lesen: „Ratten und verschiedene Marderarten rauben Nester aus, die sie erreichen können, und zerstören dabei gelegentlich ganze Kolonien.“

Was hier in Soltau die Ursache war, muß leider Spekulation bleiben. Auf jeden Fall aber, so Hornbostel, „werden wir den Bereich künftig soweit möglich im Blick behalten.“