„Dankeschön“, das von Herzen kommt | Aktuelle Nachrichten und Informationen

Privat in Soltau organisierte Hilfsaktion für Erdbebenopfer ein Erfolg

„Dankeschön“, das von Herzen kommt

Als der Soltauer Meric Toprak Uzun ein Jahr alt war, hielt sich seine Familie gerade mit ihm in Instanbul auf. Im August 1999 erschütterte ein Erdbeben der Stärke 7,6 die Nordtürkei und die Region Istanbul. Damals konnte sein Vater sich und seinen Jungen gerade noch so aus einem einstürzenden Haus retten. Heute ist Meric Toprak Uzun, in Deutschland geboren, 24 Jahre alt - und angesichts des jüngsten Erdbebens in der Türkei und in Syrien, der vielen Toten und der furchtbaren Bilder aus den Katastrophengebieten ebenso fassungslos wie seine Eltern. Seine Mutter Sebahat hat mit Unterstützung der Familie sowie etlichen Freunden und Bekannten und diversen Soltauer Unternehmen kurzfristig eine Hilfsaktion auf die Beine gestellt, um einen Beitrag dazu zu leisten, die notleidenden Erdbebenopfer zu unterstützen.

Die schweren Erdbeben in der Türkei und in Syrien haben dort die Landoberfläche stark verschoben, Gebäude fielen in sich zusammen wie Kartenhäuser. Rund 47.000 Tote wurden bereits aus den Trümmern geborgen, die Zahl der Opfer, so ist zu befürchten, wird weiter steigen. Tausende Frauen, Männer und Kinder wurden verletzt. Die erschütternden Berichte im Fernsehen haben auch Familie Uzun aus Soltau schockiert und bewegt. „Ich saß mit meinen Töchtern und deren Freundinnen am 6. Februar zusammen in der Küche und wir haben uns über das Erdbeben unterhalten. Da hat plötzlich mein Neffe angerufen und gefragt, ob wir bei einer Spendenaktion mitmachen. Wir haben sofort ja gesagt“, berichtet Sebahat Uzun. Die 57-jährige ist glücklich verheiratet und stammt aus Istanbul. Sie lebt bereits seit 1974 in Soltau, hat neben ihrem Sohn zwei Töchter und ist „Oma“ eines sechsjährigen Enkelsohns. Bereits nach dem Erdbeben 1999 hatte sie Spenden gesammelt und einen Lkw organisiert, also durchaus Erfahrungen auf diesem Gebiet. Und so ging es nun erneut ans Projekt „Helfen“.

Die Familie holte Freunde und Bekannte mit ins Boot und suchte auch bei hiesigen Unternehmen Unterstützer. Sohn Meric startete per Video einen Aufruf über Instagram - und das Hilfsprojekt nahm schnell an Fahrt auf. Die Resonanz hat die Initiatorin schier überwältigt. Nach und nach klingelten immer mehr Menschen an ihrer Haustür und brachten säckeweise Dinge, die im Katastrophengebiet am dringendsten gebraucht werden: Winterbekleidung, Hygieneartikel, Windeln, Babynahrung und Lebensmittel, aber auch Schlafsäcke, Elektro-Geräte, Taschenlampen und Power-Banks.

„Aus Munster, aus Rethem, ja aus dem gesamten Heidekreis kamen Leute“, so die Soltauerin. Doch die Annahme der vielen Spenden war nur die eine Seite der Medaille: Weil zwischenzeitlich die Nachricht eingegangen war, dass die Hilfsgüter nicht in Säcken ins Erdbebengebiet transportiert werden, sondern in Kartons verpackt werden müssen, kam auf die private Initiative eine Menge Arbeit zu. So klapperten die Böhmestädter zunächst verschiedene Firmen ab, um kurzfristig möglichst viele Pappboxen zusammenzubekommen. Nicht überall hatten sie Erfolg.

Letztlich aber stand ausreichend „Verpackungsmaterial“ zur Verfügung. Die eigenen vier Wände wurden kurzerhand zur Sortierhalle umfunktioniert. Fleißige Helferinnen und Helfer nahmen sich Beutel für Beutel vor. „Wir haben alles von A bis Z sortiert“, berichtet Sebahat Uzun. Erstaunt waren die Helfer, dass viele Spender eigens nagelneue Bekleidung gekauft hatten. „An vielen Stücken hingen noch die Preisschilder dran“, staunt die Initiatorin. Es gab aber auch kaputte Sachen und unnütze Dinge wie zum Beispiel High Heels, die die Helferinnen und Helfer aussortierten. Alles andere packten sie in die Kartons, beschrifteten diese und machten mit Blick auf die Dringlichkeit verschiedene Stapel. Das Transport- und Logistikunternehmen Obenauf aus Soltau stellte einen 7,5-Tonner zur Verfügung, mit dem das am nötigsten im Erdbebengebiet benötigte zum Flughafen in Hamburg transportiert wurde.

„Sachen wie Hygieneartikel, Windeln und Nahrungsmittel sind bereits mit Turkish Airlines in die Türkei geflogen worden“, berichtet Sebahat Uzun. Der Rest sei in einem weiteren, eigens angemieteten Fahrzeug auf dem Weg. „Ich freue mich von ganzem Herzen über die große Hilfsbereitschaft“, sagt die Soltauerin, sichtlich gerührt mit Tränen in den Augen. Neben der Engagement der vielen privaten Unterstützer und Helfer hätten auch diverse Firmen und Unternehmen geholfen. Obi habe zum Beispiel mit Kartons unter die Arme gegriffen, die Firma Minerva habe unter anderem Schuhe und Bekleidung beigesteuert, auch der Shop „Kleiderretter Dr. Klamotte“ vom DRK und „YouZe“ habe die Aktion mit Spenden unterstützt. Ganz besonders hebt Sebahat Uzun das Engagement vom Jawoll-Geschäftsführer Ralf Hartwich und dessen rechter Hand Dennis Stolze hervor. „Herr Stolze brachte nagelneue Hygieneartikel persönlich bei uns vorbei und hat beim Packen geholfen“, so die 57-Jährige. Insgesamt habe die Aktion der Familie einiges abverlangt: „Es war eine harte Woche mit drei bis vier Stunden Schlaf pro Nacht. Aber ich bin stolz darauf, was wir hier mit vielen Helferinnen und Helfern auf die Beine gestellt haben.“

Sie ist überzeugt, dass die Hilfsgüter dort landen, wo sie gebraucht werden: „Wir arbeiten mit einem türkischen Geschäftsmann zusammen, der dort im Katastrophenschutz tätig ist und sind in Kontakt mit den zuständigen Behörden.“

Was die „gute Zusammenarbeit“ in Soltau bei der Hilfsaktion angehe, so plant Sebahat Uzun eine Fortsetzung: „Jetzt legen wir erst einmal eine Pause ein, werden aber auf jeden Fall weitermachen.“