„Egoismus und Rücksichtslosigkeit sind leider ein Teil der Normalität“ | Aktuelle Nachrichten und Informationen

Zahlen gestiegen: Polizei präsentiert Verkehrsunfallstatistik für Heidekreis

„Egoismus und Rücksichtslosigkeit sind  leider ein Teil der Normalität“

Vor einem Monat hatten die Verantwortlichen der Polizeiinspektion (PI) Heidekreis die Kriminalitätsstatistik für 2022 präsentiert (HK berichtete), jetzt folgte die Verkehrsunfallstatistik: „Kriminell“ sei es auf den hiesigen Straßen nicht zugegangen, „aber zur Normalität gehören heute leider auch eine ganze Menge Egoismus und Rücksichtslosigkeit“, so Polizeihauptkommissar Detlev Maske. Der Sachbearbeiter Verkehr stellte zusammen mit dem Leiter der PI Heidekreis, Polizeidirektor Stefan Sengel, und dem Leiter Einsatz, Polizeioberrat Rainer Kahr, die Zahlen aus dem vergangenen Jahr vor. Beim Pressegespräch in der vergangenen Woche in Soltau nannte Sengel einige Beispiele aus der „Normalität“ im Straßenverkehr: „Tippen auf dem Handy, erhöhte Geschwindigkeit und andere Regelverstöße – und deshalb gefällt mir diese Normalität nicht.“

Hatten die Einschränkungen während der Pandemie und hohe Spritpreise die Zahlen in der Verkehrsunfallstatistik 2020 und 2021 deutlich sinken lassen, so zeigen die Ergebnisse 2022 dann doch wieder einen Anstieg in den meisten Bereichen. „Das Lagebild war auch im Landkreis Heidekreis immer noch geprägt von Corona. Wir sind zwar noch nicht wieder auf dem Niveau von 2019, aber man merkt doch, es geht erneut nach oben“, erläuterte Sengel. Und der Leiter der Polizeiinspektion Heidekreis lobte hierbei nicht nur die Beamten der PI, die sich der Aufgabe gestellt hätten, sondern auch die Kollegen von Feuerwehr und Rettungskräften: Natürlich gebe es oft „nur“ Blechschäden, so der Polizeidirektor, „doch nicht selten ist so ein Unfall ein schlimmes Bild und auch für die Kollegen ein einschneidendes Erlebnis.“

Damit meint der PI-Leiter natürlich Unfälle mit Verletzten. Davon gab es laut der vorliegenden Statistik mehr als in den beiden Jahren zuvor: „Von insgesamt 5.350 Verkehrsunfällen 2022 (2021: 5.070 und 2020: 4.756) waren 729 mit Personenschäden (2021: 6210 und 2020: 595) sowie 114 mit schweren Personenschäden (2021: 90 und 2020: 110)“, so Maske. Die Zahl der leicht verletzten Personen habe sich nach 701 in 2020 und 787 in 2021 um mehr als 17 Prozent auf 923 in 2022 erhöht. Ein noch stärkerer Anstieg bei den schwer verletzten Personen, so der Beamte: „Von 121 in 2020 runter auf 103 in 2021 und nun wieder um mehr als 23 Prozent noch oben auf 127 in 2022.“

Einen tödlichen Unfall weniger als im Vorjahr registrierte die Polizei 2022: „Lag die Anzahl der getöteten Personen 2020 bei acht und 2021 bei zehn, so waren es im vergangenen Jahr neun“, erklärte Maske. Daran sei nichts Positives, „dennoch ist einer weniger besser als nichts.“ Der Sachbearbeiter Verkehr schlüsselte außerdem die sogenannten „Beteiligungsformen“ der getöteten Personen auf: „Fünf waren im Pkw unterwegs, zwei im Kleintransporter, einer mit dem Motorrad und ein weiterer mit dem Fahrrad beziehungsweise Pedelec.“ Das Alter der Unfalltoten sei dabei recht homogen über alle Klassen verteilt, und auch räumlich gesehen gebe es keinen Unfallschwerpunkt: „Die Unfälle ereigneten sich verstreut über den gesamten Landkreis und auf allen Arten von Straßen von Autobahn bis Gemeindestraße“, veranschaulichte Maske auf einer Übersichtskarte.

Eine weitere Grafik zeigte die „Beteiligung von Kindern“ am Unfallgeschehen: „Hier gab es erfreulicherweise einen starken Rückgang, nämlich um gut 27 Prozent von gesamt 148 in 2021 auf 108 in 2022.“ Neun seien dabei schwer und 86 leicht verletzt worden, so Maske, der bei der Aufschlüsselung der „Verkehrsbeteiligungsart bei Kinderunfällen“ betont: „Eltern wollen das meist nicht glauben, aber Kinder sind keineswegs am stärksten gefährdet, wenn sie zu Fuß unterwegs sind, sondern im Auto.“ So ereigneten sich 55 Unfälle mit Kindern im Pkw, 31 mit Fahrrädern, vier zu Fuß, drei auf Rollern sowie einer im Kleintransporter und einer auf einem weiteren Fortbewegungsmittel. Einen Rückgang erlebte auch die Unfallbeteiligung der Gruppe der 18- bis 24-Jährigen, und zwar von 993 in 2021 auf 898 in 2022.

Ein anderes Bild bei den Senioren: „In der Altersgruppe 65+ gab es im vergangenen Jahr eine deutliche Zunahme“, so Maske. Waren es insgesamt 776 Fälle 2020 und 821 Fälle 2021, so stiegt die Zahl 2022 um fast 18 Prozent auf 967. Interessant hierbei: 73 Unfällen mit Pkw sowie zusammengerechnet 21 mit weiteren Verkehrsmitteln und dreien als Fußgänger stehen 43 Unfälle mit Fahrrad beziehungsweise Pedelec gegenüber. Und da der Anteil der E-Bikes immer weiter steige, prognostizierte Sengel: „Das Thema wird uns in den nächsten Jahren weiter beschäftigen.“ Denn die Gesamtzahl der Unfälle mit Radfahrenden zeigt einen deutlichen Trend: „Sie stieg von 148 im 2021 um fast 40 Prozent auf 207 mit 23 Schwer- und 144 Leichtverletzten (2021 waren es 13 und 103)“, so Maske.

Dabei machten die Senioren hier nur einen Teil dieser Statistik aus – Fahrradunfälle gebe es in allen Altersschichten und Situationen: „Es sind mittlerweile einfach mehr Menschen mit dem Rad unterwegs, und zwar mehr Freizeitfahrer, aber auch wesentlich mehr Berufspendler“, hob der Sachbearbeiter Verkehr hervor. Der Anteil der E-Bike-Fahrer steige dabei stetig: „Energiekosten und Benzinpreise sind nach wie vor relativ hoch, da steigen immer mehr auf ein Pedelec um. Und nicht zuletzt fördern auch Arbeitgeber und entsprechende Leasinganbieter diese Verkehrsart.“ Das sei grundsätzlich gut, ergänzt Sengel, „doch wir hoffen jetzt auf mehr Vernunft bei E-Bike-Fahrern, damit sie sicher – und mit Helm – unterwegs sind.“