Vielleicht haben Film und Fernsehen eine Vorstellung geprägt, die vielen beim Schlagwort Selbsthilfegruppe in den Sinn kommt: Betroffene sprechen in einem schummrigen Raum über ihre Ängste, Krankheiten, Süchte und Sorgen. Eine wenig schmeichelhafte Beschreibung für diese äußerst wichtigen Anlaufstellen, die so viel mehr sind, als „nur“ ein Zirkel zum Reden – und genau das wollen rund 20 Selbsthilfegruppen aus dem gesamten Heidekreis und darüber hinaus jetzt zeigen: Beim großen Selbsthilfetag am 9. August stellen sich die Organisationen in der Soltauer Fußgängerzone vor. Von 10 bis 14 Uhr stehen Vertreterinnen und Vertreter der Gruppen an ihren Ständen entlang der Markstraße bereit, um sich vorzustellen und zu präsentieren, was diese Vereinigungen alles leisten können. Oder, wie es Diana Devers vom Uelzener Theaterprojekt „Aufwärts zu den Tälern“ beim Pressegespräch in der Soltauer Teestube formuliert: „Wir möchten Menschen erreichen und ihnen zeigen, dass Selbsthilfe viel mehr sein kann, als ein Stuhlkreis im Neonlicht“.
Zur Vorstellung des Aktionstages hat Alice Petrik, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Soltau und mit der Koordination des Projektes betraut, an den Ort eingeladen, an dem sich mehrere Selbsthilfegruppen treffen: In der Teestube der Böhmestadt finden jene einen Anlaufpunkt, die Hilfe suchen. Dort stellen rund ein Dutzend Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Institutionen das Programm für den bevorstehenden Samstag vor. Die Liste der Teilnehmer ist mit aktuell 16 Einrichtungen bereits lang – und dürfte noch länger werden: „Ich rechne damit, dass sich in den kommenden Tagen noch weitere Gruppen zum Selbsthilfetag anmelden werden“, so Petrik. Sie kalkuliert, dass es am Veranstaltungstag rund 20 Einrichtungen aus den Bereichen Gesundheit, Sucht, Behinderung und Soziales sein dürften.
Bis jetzt fest zugesagt haben bereits die Soltauer Gruppe der Deutschen Vereinigung Morbus Bechterew im DVMB-Landesverband Niedersachsen, der Adipositas-Treff Lüneburger Heide, die Tinnitus-Selbsthilfegruppe aus Soltau, die MS-Gruppe Schneverdingen sowie die Soltauer Selbsthilfegruppe Nautilus mit dem Schwerpunkt Sucht und Depressionen. Ebenfalls dabei sind Adipositas Hermannsburg und Schlaganfall Walsrode sowie die Gruppen „Aufstehen – Psychische Erkrankung und Angehörige“, der hiesige Frauentreff und „AMOG – Suchtkranke und Angehörige“. Zudem vertreten sind der Freundeskreis „Angels – Suchtkranke, Begleitung/Hilfestellung bei Behördengängen“ und „G-A-S – Gewöhnung-Abhängigkeit-Straßenverkehr“ (eine Selbsthilfegruppe auch für MPU-Betroffene) sowie die Prostatakrebs-Selbsthilfegruppe Heidekreis, der Verein Theater-Selbsthilfe Uelzen und natürlich der Soltauer Verein Teestube.
Einen Stand baut auch die Kontaktstelle für Selbsthilfe im Heidekreis auf. Deren Leiterin Melanie Schwarze freut sich, dass sich die Gruppen an diesem Tag so offen präsentieren: „Es ist einfach toll, wenn Menschen hier direkt Kontakt aufbauen können.“ Doch wem das Gespräch auf der Aktionsmeile am Eingang der Marktstraße zu öffentlich ist, dem wird auch ein Rückzugsort angeboten: „In der kleinen Galerie im nahegelegenen City-Service-Center wird es einen geschützten Raum geben, in dem sich Interessierte bei Bedarf mit den Vertretern der Selbsthilfegruppen austauschen können“, erläutert Petrik.
Sie und ihre Mitstreiter suchen mit der Aktion jedoch ganz bewusst die Öffentlichkeit: „Wir hoffen, auf diesem Weg die Stigmatisierung der Selbsthilfegruppen aufbrechen zu können“, so die Gleichstellungsbeauftragte. Das sei beim Selbsthilfetag im vergangenen Jahr, bei dem sich bereits elf Gruppen erfolgreich präsentieren konnten, schon gut gelungen, findet Helmut Kurtz, Leiter der Prostatakrebs-Selbsthilfegruppe Heidekreis: „Wir wollten aus der Dämmerung heraustreten und haben uns daher entschlossen, uns mit Info-Ständen in die Marktstraße zu stellen. Und die Beteiligung war sehr rege“, freut sich Kurtz und hofft auf eine noch größere Resonanz beim anstehenden Aktionstag. Doch ob nun Passanten oder Betroffene einen Flyer mitnehmen, zum kurzen Plausch oder zum langen Gespräch an den Ständen stehenbleiben – das sei nicht unbedingt entscheidend, meint Kurtz: „Wir sind da, um anderen Menschen zu helfen. Und wenn wir auch nur einen erreichen können, ist das schon ein Gewinn.“
Auch wer am Selbsthilfetag nicht in die Marktstraße kommt, kann sich über die Angebote im Heidekreis informieren: „Insgesamt 50 verschiedene Gruppen sind bei uns gemeldet“, erklärt die Leiterin der Kontaktstelle, die unter Telefon (05161) 989792 und unter www.selbsthilfe-walsrode.de online erreichbar ist.