Offener Treff in kleiner, geschützter Runde | Aktuelle Nachrichten und Informationen

Teestube lädt ein: Niedrigschwelliges Angebot soll Erstkontakt leichter machen

Offener Treff in kleiner, geschützter Runde

Seit Jahrzehnten ist die Soltauer Teestube eine etablierte Anlaufstelle für Suchtkranke und Menschen mit psychischen Erkrankungen sowie deren Angehörige, zudem haben hier zahlreiche Selbsthilfegruppen ihren festen Platz. Wer die Einrichtung in der Poststraße 15b vielleicht noch nicht kennt, hier zwei kleine Eigenheiten: In der Teestube wird hauptsächlich Kaffee getrunken, und der eigentliche Nebeneingang ist der meistgenutzte Zugang, während sich der Haupteingang in einer Nebengasse „versteckt“. Doch gerade diese diskrete Zutrittsmöglichkeit soll es neuen Interessierten leichter machen, den Erstkontakt zu suchen, ohne dabei gleich in die doch meist größere Gruppe der Tagesbesucher zu laufen. So steht die seitlich gelegene Haupteingangstür nun für ein neues Angebot offen: Am 23. Januar von 15 bis 17 Uhr ist der erste Termin für einen offenen Treff in kleiner Runde in einem Nebenraum der Teestube. Welche Probleme die Besucher hierhin „mitbringen“, sei erst einmal egal, erklären Silke Meyer und Ute Carstens – „Hauptsache ist, sie kommen vorbei“, laden die Initiatorinnen in diesen geschützten Kreis ein. „Hier gibt es neben ersten Gesprächen und der Möglichkeit zu weiteren Beratungen gegen eine kleine Spende auch Kaffee und Kuchen“, so Carstens. Die stellvertretende Vorsitzende des Vereins Teestube und Meyer als noch recht neues Mitglied wollen das „Café“ einmal im Monat anbieten und erklären bei einem Pressegespräch und einem Kaffee, was es damit auf sich hat.

Das neue Angebot ist eigentlich ein „bekanntes Format“, das Meyer und Carstens neu aufleben lassen und wieder als dauerhaften Treff etablieren möchten. Somit bietet sich vorab ein kleiner Blick in die Vergangenheit des Vereins an, dessen Geschichte fast 40 Jahre zurückreicht: Im November 1985 formierte sich der Trägerverein, mit dem Reinhard Goepfert einst den Grundstein für die Teestube legte. Das mittlerweile verstorbene Gründungsmitglied und seine Mitstreiter machten sich dann auf die Suche nach passenden Räumlichkeiten, die der damalige Vorstand schließlich in der Bahnhofstraße 18 in Soltau fand. Dort wurde im September 1987 die Anlaufstelle eröffnet, und damit ein Treffpunkt und Kommunikationszentrum für Suchtkranke, psychisch Kranke, Angehörige und Selbsthilfegruppen. „Anfangs war die Teestube nur an drei Tagen in der Woche geöffnet, später entwickelte sich das Angebot der Selbsthilfegruppen“, erläutert Meyer und fügt hinzu: Bereits in den frühen Jahren habe es einen offenen Treff als eine Art Kaffeerunde gegeben.

Seit August 2018 ist die Einrichtung an ihrer heutigen Adresse in der Poststraße 15b zu finden. Dort war die Teestube wie schon seit einigen Jahren zuvor mittlerweile an 365 Tagen im Jahr geöffnet – jedenfalls bis Corona kam. Die Pandemie habe auch hier einiges ins Stocken gebracht, blickt Carstens auf die schwierige Phase zurück. Und nach nunmehr rund zwei „normalen“ Jahren nach Corona „ist noch nicht wieder alles beim Alten, vieles läuft eher schleppend.“

Konkret heiße das: „Viele Angebote und Selbsthilfegruppen werden nicht mehr so gut besucht wie früher“, bedauert die stellvertretende Vorsitzende, die einen Grund hierfür im „Rückzug ins Internet“ sieht: „Viele meinen, sie könnten alles online regeln“, doch „reale Hilfsangebote“, wie sie die Teestube biete, seien hingegen etwas ganz anderes, funktionierten eben nicht am Computer oder Smartphone: „Man muss sich anziehen, rausgehen, herkommen.“ Das möge vielleicht banal klingen, „es ist aber oft der erste Schritt, um in seinem Leben wieder eine gewisse Routine und Struktur zurückzubekommen“, will Carstens Mut machen.

Der erste Schritt vor die Tür, um sich Hilfe zu holen, sei immer der schwierigste, wissen auch die beiden Initiatorinnen des neuen Teestuben-Angebotes. „Das sollte daher so niedrigschwellig wie nur möglich sein“, hebt Meyer hervor. Keiner müsse sich scheuen, schämen oder Angst haben: „Während der Nebeneingang zum Hof an der Friedenstraße in den großen und auch für Raucher offenen Tagesbetrieb und dessen Bereich führt, geht es vom Haupteingang auf der gegenüberliegenden Seite des Gebäudes aus gleich in einen kleinen Seitenraum“, so Meyer. „Dort darf zwar nicht geraucht werden“, ergänzt Carstens, „aber man kann ganz ungezwungen beisammensitzen, in Kontakt kommen und reden.“ Vielleicht über Sucht und Sorgen – „oder auch einfach nur über das Wetter. Jeder ist mit jedem Anliegen willkommen“, hebt Meyer hervor und fügt hinzu: „Natürlich sind neben den Betroffenen selbst auch Angehörige wie etwa die Eltern von Kindern mit Suchtproblemen eingeladen.“

Wichtig sei, betont die stellvertretende Vorsitzende: Was in dem kleinen Zimmer besprochen werde, bleibe auch dort – „es ist ein geschützter Raum, nichts dringt aus den Gruppen nach außen.“ Das kleine „Café“ solle nach dem Start am 23. Januar dann immer an jedem zweiten Dienstag im Monat jeweils von 15 bis 17 Uhr laufen, planen die Initiatorinnen.

Wie es nach einem ersten Kontakt weitergehe, werde sich zeigen – die Teestube biete für Hilfesuchende jedenfalls vielfältige Möglichkeiten, so Meyer und Carstens: Die Räumlichkeiten stehen Besuchern montags bis samstags jeweils von 14 bis 18 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen je von 15 bis 18 Uhr offen. Die dortigen Selbsthilfegruppen reichen von Angeboten für Menschen mit psychischen Erkrankungen, Ängsten und Zwängen über Treffen für Suchtkranke, Essgestörte, COPD-Kranke oder Kehlkopflose bis hin zu Kreisen für Spielsüchtige.

Für viele bedeute der Gang zur Teestube immer noch ein Stigma – „so soll es natürlich nicht sein“, beruhigt Meyer. „Man muss es einfach als Chance sehen“, fügt Carstens hinzu. Man solle sich halt überwinden und vorbeikommen, so Meyers Appell: „Denn wir können nicht helfen, wenn sich alle nur noch verkriechen.“