Schlacht „up de Soltower Heide 1519 | Aktuelle Nachrichten und Informationen

Dr. Heinrich Kröger: „Was bleibt nach 500 Jahren?“

Schlacht „up de Soltower Heide 1519

Über die Schlacht bei Soltau vom 28. Juni 1519, ihre historischen Hintergründe und Auswirkungen berichtet im folgenden der Soltauer Pastor i.R., Dr. Heinrich Kröger.

Es naht die 500. Wiederkehr der Schlacht bei Soltau. Am 28. Juni 1519 standen sich im Grenzgebiet des Fürstentums Lüneburg und des Bistums Verden, das sich bis heute in der landeskirchlichen Gliederung (Kirchenkreis Rotenburg, Sprengel Stade und Kirchenkreis Soltau, Sprengel Lüneburg) widerspiegelt, zwei Heere gegenüber, die von den Kontrahenten der Hildesheimer Stiftsfehde befehligt wurden: Herzog Heinrich der Mittlere von Celle mit Bischof Johann IV. von Hildesheim und weiteren norddeutschen Fürsten gegen Herzog Heinrich den Jüngeren von Braunschweig-Wolfenbüttel mit Herzog Erich I. von Calenberg und Bischof Franz von Minden.

Nach einem Gewaltmarsch von der Backeberger Mühle über Reiningen, Munster, Emmingen, Töpingen, Bispingen, Surborstel, Gröps in das Gebiet von Langeloh-Vahlzen-Vorwerk suchten sich die Braunschweiger mit ihrer reichen Beute (1.000 Wagen!) ins Bistum Verden zu retten, wo Heinrichs Bruder Georg Bischof war.

Das andere Heer unter Heinrich dem Mittleren marschierte von Müden/Örtze über Wietzendorf, Bassel, Weiher, Wiedingen, Ellingen, am Wieheholz vorbei in dieselbe Heidegegend südlich von Schneverdingen und stellte die unvorbereiteten Braunschweiger zum Kampf, die in einem blutigen dreistündigen Gefecht restlos besiegt wurden. Herzog Heinrich der Jüngere und sein Bruder Franz von Minden konnten fliehen. Ihr Bruder Wilhelm und Herzog Erich I. gerieten mit vielen Adligen in Gefangenschaft. Der Calenberger Herzog, ein enger, bewährter Freund des am 12. Januar 1519 verstorbenen Kaisers Maximilian I., wurde in der alten Vogtei in Soltau (Ecke Bahnhof-/Kirchstraße, ehemals Modehaus Wilkens) einquartiert.

Die Schlacht „up de Soltower Heide“ gewann überregionale, ja, nationale Bedeutung dadurch, daß am selben Tag in Frankfurt/Main ein neuer deutscher Kaiser gewählt wurde: nicht Franz I. von Frankreich, Freund und Favorit Heinrichs des Mittleren von Lüneburg, sondern Karl V. von Gent, Enkel Maximilians I. und des spanischen Königs Ferdinand. Das kehrte, wie sich im Verlauf der Hildesheimer Stiftsfehde zeigte, die Verhältnisse um: Die Verlierer vom 28. Juni 1519 hatten den Kaiser auf ihrer Seite und wurden am Ende zu Gewinnern, während Heinrich den Mittleren die Reichsacht traf und er nach Frankreich flüchten mußte.

Trotz dieser internationalen Verflechtung des Geschehens dauerte es 400 Jahre, bis man sich in Soltau auf die Schlacht besann. Erst Tierarzt Wilhelm Ehlers (1845-1927) sorgte 1919 dafür, daß an der Stelle, wo sich die Wege von Langeloh, Schülern und vom Wieheholz kreuzen, ein Gedenkstein gesetzt wurde, allerdings mit falschem Datum (29. Juni, Peter- und Paulstag), wie es in den „Heidefahrten“ von August Freudenthal 1890 steht. Dieser Stein wurde 1945 von einem englischen Panzer zerschossen.

In Soltau beantragte der Vorstand des neugegründeten Heimatbundes Loingau (Wilhelm Ehlers, Rektor Albert Böning und Redakteur Adolf Arnold) im selben Jahr, eine Straße nach Harm Tyding zu benennen.

Dieser war erst 60 Jahre nach der Schlacht durch die Aufnahme einer Wanderlegende in die Überlieferung gelangt. Der Soltauer Magistrat ehrte zuerst Friedrich Freudenthal anläßlich seines 70. Geburtstages durch die Benennung der Freuden-thalstraße. Später folgte die Harm-Tyding-Straße, die jetzt in den Vorplatz der Hermann-Billung-Schule mit dem mächtigen Findling mündet.

Zum 450jährigen Gedenktag 1969 setzte sich Karl Baurichter vehement für einen Gedenkstein am Wieheholz ein und verband damit ideologische Gründe: Ein in der Nähe liegendes Wasserloch, die Wie-Kuhle, wurde als germanische Kultstätte gedeutet und eine ehemalige Einhegung zum Schutz junger Baumpflanzen avancierte zum Wie-Wall - der Umwallung eines sächsischen Edelingssitzes! Der Soltauer Gymnasiallehrer Dr. Udo Stanelle (1939-1988) wies in seiner Studie „Die Schlacht bei Soltau“, Sonderdruck 1982, nach, daß dies eine Fehlentscheidung war. Auf Anregung der Freudenthal-Gesellschaft und des Heimatbundes ließ die Stadt Soltau 2006 den Text auf den Schautafeln der Schutzhütte am Wieheholz entsprechend korrigieren. Damit wurde der Gedenkstein dort hinfällig.

Was bleibt 2019 - 500 Jahre nach der Schlacht „up de Soltower Heide“ - zu tun? Sinnvoll wäre, den Gedenkstein, der am Wieheholz fehl am Platze ist, in das Schlachtfeld, das hauptsächlich im Dreieck Langeloh-Vahlzen-Vorwerk gelegen hat, zu versetzen. Das könnte durch eine konzertierte Aktion der Städte Schneverdingen und Soltau mit Unterstützung der örtlichen Heimatvereine geschehen. Es ist an der Zeit, auf eine der größten und verlustreichsten Schlachten Niedersachsens an Ort und Stelle hinzuweisen.

Der Historiker Leopold von Ranke (1795-1886) sieht die Schlacht „up de Soltower Heide“ am 28. Juni 1519 mit der übrigen deutschen und europäischen Geschichte verbunden. Dies bewußt zu machen und darüber zu informieren - das wäre auch für die Touristik zu entdecken und als Chance wahrzunehmen.