Sie ist auch im Heidekreis sichtbar geworden, die Tarifrunde im öffentlichen Dienst. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) hatte diverse Betriebe im Heidekreis zum ganztägigen Warnstreik aufgerufen. Nach Angaben der Gewerkschaft folgten mehr als 130 Kolleginnen und Kollegen aus allen Teilen des Heidekreises dem Aufruf und demonstrierten am vergangenen Mittwoch in Soltau. Die Verdi-Sekretärinnen Gelareh Shahpar und Sinem Dogan nannten die Tarifforderung: Acht Prozent Lohn- und Gehaltssteigerung, mindestens 350 Euro. Für Nachwuchskräfte 200 Euro. Dann Belastungszuschläge, mehr freie Tage und für Gewerkschaftsmitglieder einen zusätzlichen freien Tag.
Die streikenden Straßenwärter, Kita-Fachkräfte, Klärwerkmitarbeiter, Reinigungskräfte, Beschäftigten von Stadtwerken, Verwaltungen, Bauhöfen, der Sparkasse, Lebenshilfe und von Bundeseinrichtungen bewiesen ihre Einigkeit und Entschlossenheit. Zu hören waren Rufe wie „Heute ist kein Arbeitstag, heute ist Streiktag“. Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer präsentierten selbstgemalte Plakate und Schilder, um auf die von ihnen kritisierten Arbeitsbedingungen hinzuweisen. „Ich kann gar nicht so schlecht arbeiten wie ich bezahlt werde“ lautete einer der Slogans. Erzieherinnen, deren Kitas wegen des Streiks geschlossen waren, berichteten, dass Eltern nicht nur Verständnis gezeigt, sondern auch erfolgreiche Tarifverhandlungen gewünscht hätten.
Susanne Hoops von der Lebenshilfe Walsrode beschrieb die Arbeitssituation so: „Wir sind am Limit. Arbeitsverdichtung und Fachkräftemangel führen zu Überlastung, hohem Krankenstand bis hin zum Burnout.“ Dass Politiker als öffentliche Arbeitgeber darauf mit Senkung der gesetzlichen Qualitätsstandards reagierten, verschlechtere die Arbeit mit Kindern, Menschen mit Behinderungen und Kranken. Die Notwendigkeit zur Regeneration der Arbeitskraft unterstrich Mark Binns vom Kommunalservice Böhmetal am Mikrofon: „Mit keinem Geld der Welt ist Lebenszeit zu bezahlen.“
Heinz-Dieter „Charly“ Braun, DGB-Kreisvorsitzender und Verdi-Funktionär, freute sich über Eintritte in die Gewerkschaft und Grußadressen aus Betrieben. Er erklärte die Mindestforderung wie folgt: „KollegInnen mit kleinen Einkommen bekommen keinen Rabatt in Supermärkten.“ Braun kritisierte Preissteigerungen, Sozialabbau, steigende Armut und „kaputt gespartes Gesundheitswesen“ ebenso wie die Schließung des Sozialkaufhauses Fundus in Walsrode und dass „Walsrodes Ratsmehrheit sozialen Wohnungsbau verhindert.“ Der Gewerkschafter: „Wenn Vermögensmilliardäre und Einkommensmillionäre weiter geschont werden und mehr als 100 Milliarden für Hochrüstung rausgeschmissen werden, dann geht das auf Kosten sozialer Daseinsvorsorge und prima Klima“, machte Braun unter starkem Applaus klar. Zur Erheiterung beschloss Braun seine Rede gesanglich mit einem Lied der Gruppe „Floh de Cologne“: „Wir haben erst angefangen, wir werden immer mehr!“