Aus besonderem Anlass hatte Hartmut Sturm aus Wietzendorf sein altes Bauernhaus an der Hauptstraße in Wietzendorf am Mittwoch vergangener Woche mit „flotten Bienen“ versehen: Gleich drei orangefarbene Flaggen mit einer freundlich dreinschauenden schwarz-gelben Königin als Motiv flatterten in der Abendsonne im Wind. Dass der 63-jährige frühere Berufsfeuerwehrmann bei seiner kleinen Veranstaltung im Herzen des Honigdorfes Glück mit dem Wetter hatte, kam nicht von ungefähr: Seine „Enthüllungsaktion“, zu der er einige Wietzendorferinnen und Wietzendorfer eingeladen hatte, fand ganz bewusst am „Day of happiness“ am 20. März, dem „Internationalen Tag des Glücks“, statt. Dieser wurde von der UN-Hauptversammlung am 28. Juni 2012 beschlossen und wird seit 2013 alljährlich zelebriert. Sturm hat ganz einfach Freude daran, glückliche Gesichter zu sehen. Und genau deshalb hat er kleine Kunstinstallationen an und neben dem historischen Fachwerkhaus platziert, die verschiedene „Funktionen“ haben.
Vor der Präsentation hatte Sturm die handgefertigten Objekte hinter blauen Tüchern verborgen. Stellvertretender Bürgermeister Joachim Rüter übernahm bestens gelaunt die Enthüllung. Eines der „Werke“, das nun das Fachwerkhaus mit den roten Klinkersteinen ziert, trägt den passenden Namen „Glücksleiter“. Ein Aufstieg ist hier zwar nicht vorgesehen, das ungewöhnliche Deko-Element verfügt aber über eine klare „Anleitung“, die dem Betrachter vor Augen führt, dass nicht das Erklimmen der Karriereleiter das Nonplusultra ist, um glückliche Momente genießen zu können. Auf jeder der neun Sprossen ist eine Anregung zu lesen: Träumen, Helfen, Freuen und Lachen ist da zum Beispiel in weißen Buchstaben auf das Holz geschrieben. Die letzte Sprosse ist mit dem Wort Glück verziert, darüber sind unter anderem ein Herz und ein Glückskäfer aus Metall sowie ein Hufeisen angeschweißt. Am unteren Ende ist das Wort Mut zu lesen, wobei die Buchstaben aus Hufeisenelementen gefertigt worden sind.
Weitere Glücksbringer sind bei der zweiten Installation am Haus gleich mehrfach verarbeitet worden. Es handelt sich um eine Futterstelle für Vögel. Diese können sich hier auf der Suche nach Nahrung das Beste herauspicken und bei Bedarf auch ein erfrischendes Bad nehmen. Schräg gegenüber wird sich ein schon bald ein Hotel für noch kleinere Gäste befinden, das allerdings noch „gebaut“ wird. Der Grundstein ist bereits gelegt: Sturm hat einen großen Findling zum „Wietzendorfer Wetterstein“ umfunktioniert. Was es damit auf sich hat, ist auf einer Platte neben dem Schwergewicht zu lesen. So viel sei verraten: Man muss kein Meteorologe sein, um am Objekt anhand der äußeren Einflüsse Rückschlüsse auf das aktuelle Wetter ziehen zu können. Vielmehr ist das Konstrukt ein Blickfang, der zum Schmunzeln anregen soll. Das an der Holzkonstruktion des Wettersteins geplante Insektenhotel wird nachträglich „eröffnet“.
Die von Freunden und Bekannten zusammengeschweißten Objekte wurden überwiegend aus alten Fundstücken hergestellt, „die so zu neuem Leben erweckt wurden“, so Sturm. Das mag auf den ersten Blick vielleicht keine „große Kunst“ sein, aber der Hofbesitzer stellt im Alltag immer wieder fest, dass es oft die kleinen Dinge sind, die den Menschen Freude machen.
Der Wahl-Wietzendorfer stammt ursprünglich aus Hamm in Nordrhein-Westfalen. Ein Urlaub auf dem Campingplatz Südsee-Camp führte ihn erstmals ins Honigdorf Wietzendorf. Später hat er den alten Hof in der Ortsmitte gekauft. „Das hat sich so ergeben“, sagt Sturm. Er wohnt selbst in dem alten Bauernhaus und sei seit rund drei Jahren damit beschäftigt, „hier alles schick zu machen.“ Im Zuge der Baumaßnahmen am und im Haus sind unter anderem die Fenster der zur Kirche zeigenden Seite des Gebäudes erneuert worden, ebenso die Haustür. Vor den Fenstern hängen Blumenkästen, in denen Krokusse, Osterglocken und andere Blumen für Farbtupfer sorgen. Aus Spaß an der Freude hat Sturm die Fenster dekoriert – und damit viele Einheimische und Touristen begeistert. „Dabei habe ich gemerkt, dass es mir Spaß macht, wenn andere Freude haben“, so der 63-Jährige. Und so hat sich das Ganze verselbstständigt. In den Fenstern erneuert er nun immer wieder die „Deko“, die derzeit ganz auf Ostern ausgerichtet ist.
„Ich habe viel Lob bekommen von Leuten, dass es hier schön aussieht“, so der „Dekorateur“. Das freut ihn natürlich – und so möchte er Einheimischen und Touristen auch weiterhin ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Im vergangenen Jahr hatte er erstmals einen „Blumen-Verschenkestand“ aufgebaut, an dem sich Interessierte gratis bedienen konnten. „Das ist sehr gut angenommen worden, die Pflanzen und Zwiebeln fanden reißenden Absatz. Und dann haben auch noch Wietzendorferinnen und Wietzendorfer Blumen und Pflanzen, die sie übrig hatten, dazugestellt“, freut sich Sturm. Deshalb gibt es jetzt an dieser „Station“ erneut Taglilien, Glücksklee-Zwiebeln & Co. zum Mitnehmen.
Außerdem warten hier auf Passanten kleine einlaminierte und bedruckte Zettel, denen Sturm den Namen „Wietzendorfer Verschenkekarte“ gegeben hat. Dabei handelt es sich um eine Art Schneeballsystem, bei dem es nur Gewinner gibt, gilt es doch, „Freude zu verschenken“.
Spaziergänger, die sich ein Kärtchen aus der durchsichtigen Kunststoff-Box herausfischen, übernehmen damit quasi einen Auftrag. Wer sich ein Eis, ein Stück Kuchen, ein Glas Honig, eine Zeitung, einen Lottoschein oder ähnliches kauft, wird gebeten, gleich doppelt zu bezahlen und das Kärtchen abzugeben. Der nächste Kunde mit dieser Bestellung muss dann nichts zahlen, freut sich dementsprechend und erhält das Kärtchen, mit der Bitte, den Ball aufzunehmen und demnächst ebenso zu verfahren. So entsteht im besten Fall eine Kettenreaktion, die für viele glückliche Gesichter sorgen wird.