Kartons hinter Gittern und ein freundliches „Rollkommando“ | Aktuelle Nachrichten und Informationen

Historisches Archiv des Heimatvereins Peetshof ist umgezogen

Kartons hinter Gittern und ein freundliches „Rollkommando“

„Das Beste, was wir von der Geschichte haben, ist der Enthusiasmus, den sie erregt“ – ein Zitat von Johann Wolfgang von Goethe. Mit Enthusiasmus haben auch die Mitglieder der sogenannten Arbeitsgruppe „VII – Historisches Archiv“ des Heimatvereins Peetshof in den vergangenen beiden Jahrzehnten Fotos, Pläne und Dokumente aus dem Honigdorf gesichtet, geordnet, erfasst und dokumentiert. Eine Arbeit, der die „Honigdorf-Historiker“ nach wie vor mit großer Leidenschaft und Akribie in kleinen Zweierteams nachgehen. Somit haben sie im Laufe der Jahre einen beachtlichen zeitgeschichtlichen Schatz zusammengetragen. Zuletzt war das, was die Archivgruppe an Material zusammengesammelt hat, fast schon zu viel des Guten. Der kleine Raum im Dachgeschoss des Rathauses drohte aus allen Nähten zu platzen, es musste dringend eine neue „Bleibe“ für Bilder, Dokumente & Co. gefunden werden. Das ist gelungen: „Endlich ist es soweit: Wir sind in die Königstraße 2 umgezogen, in die Räume, in denen vorher der Salon Warnke zu finden war“, freut sich Gerlinde Weschke, Sprecherin der Archivgruppe.

„Wir haben schon lange nach neuen, größeren Räumen gesucht, aber es kam doch plötzlich, als sich diese Möglichkeit ergab“, so die Wietzendorferin. Sehr zur Freude der Frauen und Männer der Arbeitsgruppe mussten zum Standortwechsel keine weiten Fahrten in Angriff genommen werden, befindet sich der neue Standort doch schräg gegenüber vom Rathaus. Und allzuviel musste dort in den angemieteten Räumlichkeiten auch nicht im Vorfeld gemacht werden, lediglich der vordere Raum wurde von einem Maler frisch gestrichen. Im ehemaligen Friseursalon, an dessen Außenwand noch eine große Schere und ein Kamm sichtbares Zeichen der früheren Nutzung sind, werden jetzt historische Fundstücke durchgekämmt und Ausschnitte der Dorfgeschichte archiviert. Auf der rechten Seite des Raumes, in dem zuletzt Frisuren in Form gebracht worden sind, wird eine Besucherecke eingerichtet. Von dort aus geht es weiter zu den Arbeitsplätzen der Gruppe. „Im Moment sind wir zehn Frauen und Männer. Aktiv sind derzeit drei Zweier-Gruppen, die zu bestimmten Zeiten an bestimmten Tagen arbeiten“, berichtet Weschke. Überwiegend seien ältere Semester ehrenamtlich mit dem Sichten, Dokumentieren und Archivieren beschäftigt – „von Mitte 50 bis weit in die 80er hinein“, erklärt die Sprecherin der Arbeitsgruppe. Sie selbst ist seit der Gründung vor 22 Jahren dabei – nach wie vor mit viel Herzblut und Begeisterung. „Meist kommen Interessierte ab 65 Jahren zu uns, wenn sie in Rente gegangen sind. Es ist ja auch eine aufwendige Arbeit.“

Eine ehrenamtliche Tätigkeit, die zunehmend Beachtung findet, wie Weschke unterstreicht: „Das Interesse am Archiv ist geweckt, der Bekanntheitsgrad im Laufe der vergangenen 22 Jahre größer geworden. Wir erhalten zunehmend Abgaben von Höfen, Vereinen und Betrieben – und wir bekommen auch mehr Anfragen, zum Beispiel im Rahmen der Ahnenforschung.“ Auch Autor und Historiker Stephan Heinemann schaue gern im Wietzendorfer Heimatarchiv vorbei, um sich im Zuge seiner Arbeit am Jahrbuch des Heidekreises mit Material zu verschiedenen Themen zu versorgen.

Aber auch darüber hinaus trägt die Gruppenarbeit Früchte, zum Beispiel die Bücher „Geschichte der Wietzendorfer Höfe“, „Hinterm ersten Pfeiler“, „Erinnern – Gedenken – Mahnen“ und „Nahaufnahmen“ von Gustav Isernhagen. Darüber hinaus beruhen auch der jährlich erscheinende „Historische Kalender“ und viele Artikel des „Heidhonnig“ auf Unterlagen aus dem Historischen Archiv. Gegliedert ist das Ganze in Bestände, die nach Themen geordnet sind, so zum Beispiel Hofgeschichte, Handwerk, Kirchengeschichte und Gemeindegeschichte. Allein das Material im Bereich Hofgeschichte füllt mehr als 20 Kartons.

Es gab also viel zu tun – und die Gruppe packte es, unterstützt von anderen Mitgliedern des Heimatvereins und Gemeindevertretern, an. „Wir haben den Umzug wochenlang vorbereitet, hin und her überlegt und viele Kartons und Kisten gepackt, um das Archivgut so transportieren zu können, dass alles heil bleibt“, erklärt Weschke.

Am 26. September schließlich war dann der „große Tag“. Rund ein Dutzend Helferinnen und Helfer arbeiteten Hand in Hand und bildeten – wie die Ameisen – einen Transportweg zwischen Dachgeschoss des Rathauses und den neuen Archivräumen. Dabei landete ein Teil des zeitgeschichtlichen Schatzes für kurze Zeit hinter Gittern. „Die Regale wurden ausgeräumt, die Archivkartons auf Sackkarren gestapelt, die Treppe hinunter ins Obergeschoss des Rathauses getragen und für den weiteren Weg in Gitterboxen auf Rädern verladen“, so die Gruppensprecherin. In der Königstraße warteten schon Helfer, um die Boxen des freundlichen „Rollkommandos“ zu leeren. Zudem stand ein Anhänger bereit.

Größte Herausforderung war der Transport der sperrigen Regale. „Anfangs sahen die Archivkartons in ihrem neuen Zuhause noch harmlos aus, aber nach und nach füllte sich der Raum – auch mit den Regalen, die – noch wackelig – erst einmal nur an Ort und Stelle gebracht wurden“, so Weschke. Und einmal mehr bestätigte sich: „Viele Hände, schnelles Ende“, wie sie betont: „Alles in allem war es ein aufregender, aber auch befriedigender Tag, denn der Umzug ging bei gutem Wetter mit Sonne statt Regen ohne Störungen und schneller als gedacht vonstatten.“

Als „Dankeschön“ für alle Unterstützer und Förderer ist zunächst eine interne Einweihungsfeier geplant, danach soll es einen Tag der offenen Tür für alle Interessierten geben. Ein Termin steht allerdings noch nicht fest, denn, so die Gruppensprecherin: „So schnell geht das noch nicht. Erst einmal müssen wir jetzt alles richtig einräumen.“