„Man nehme eine Prise Chaos und zehn Katzenhaare, 400 Milliliter aufgeschäumte Kunst und vier Eier Humor“ – mit dieser außergewöhnlichen Rezeptur beschreibt sich die 33-jährige Wietzendorferin Malene Walter im sozialen Netzwerk Instagram. Die zweifache Mutter ist ein gutes Beispiel dafür, dass es sich bei Influencerinnen nicht zwangsläufig um viel zu junge und viel zu stark geschminkte und dauerplappernde Möchtegern-Models handeln muss, die ohne Unterlass über Make-up und Mode schwadronieren. Dieses Klischee nimmt Malene Walter auf ihrem Kanal hin und wieder gern auf die Schippe und spielt im einen oder anderen ihrer Beiträge auch damit. Die Künstlerin aus dem Honigdorf gibt auf „Insta“ als Kontrapunkt locker-leichte und humorvolle Einblicke in ihr kreatives Schaffen und ihren Alltag. Rund 1.840 Beiträge hat sie schon veröffentlicht und erreicht damit ein großes Publikum. 58.200 Follower sind ein deutliches Zeichen, dass sie mit ihrer Art und ihren Inhalten ganz offensichtlich zu begeistern vermag.
„Sei mutig und lass dich nicht davon abhalten, was andere über dich denken, wenn du deine Träume verwirklichen willst“, sagt die 33-jährige. Sie ist ein Multitalent, das gern neue Dinge ausprobiert. Das Illustrieren und Malen brachte sie sich selbst bei und teilte mit einer großen Portion Humor unter anderem auch schon Nasenflöten-Medleys auf ihrem Instagramkanal. „Ich möchte mich selbst nicht zu ernst nehmen oder durch die Angst vorm Scheitern davon abhalten lassen, etwas Neues zu wagen“, so die Wietzendorferin. Und so ist sie auch bei einem Herzensprojekt ins kalte Wasser gesprungen, der Veröffentlichung einer Geschichte für Kinder. Als Mutter weiß sie freilich, wie man den Nachwuchs respektvoll und mit viel Liebe in die richtigen Bahnen lenkt. Das Autorendasein allerdings war Neuland. „Ich hatte keine Ahnung, wie man ein Buch veröffentlicht, wollte meine Idee aber unbedingt in die Welt bringen“, erklärt die Wietzendorferin. Und das ist ihr gelungen. Ohne Druck, aber mit Zuversicht und Optimismus, nahm sie ihr Vorhaben in Angriff – und die offensichtlich guten Ideen gingen letztlich in den Druck. „Fussel und der Mutausbruch“ heißt ihr Bilderbuch, in dem Mut der Zauber ist, der Träume wahr werden lässt. Es ist Gewinner des „LovelyBooks“-Leserpreises 2020 in Gold in der Kategorie Bilderbücher und inzwischen sind stolze 20.000 Exemplare verkauft worden.
„Eine enorme Zahl auf dem hart umkämpften Kinderbuchmarkt – noch dazu für das Erstlingswerk einer bis dato unbekannten Illustratorin“, freut sich Thomas Peters vom Morisken Verlag, der das Buch veröffentlicht hat. Auch er hatte 2013 in München-Schwabing mit der Gründung seines Ein-Mann-Unternehmens Mut bewiesen. Und später dann einmal mehr, als er einer Newcomerin aus der Lüneburger Heide die Chance zur Erfüllung ihres Traumes gab. „Wir haben uns von Beginn an gut verstanden, denn Malene hat Humor. Ich habe ihr bei der ersten Kontaktaufnahme etwas Lustiges geschrieben – und sie hat mit etwas Lustigem geantwortet“, berichtet der Verleger im Telefongespräch mit dem HK. Überzeugt habe ihn aber insbesondere die Geschichte der Wietzendorferin, „bildlich sehr schön dargestellt und mit einer tollen Botschaft, die dahintersteckt und nicht mit dem erhobenen Zeigefinger vermittelt wird.“
Peters freut sich nicht nur aus finanziellen Gründen über die tolle Resonanz. „Für einen Ein-Mann-Verlag sind 20.000 verkaufte Bücher normalerweise utopisch“, sagt er. Die gesamte Branche lebe quasi von Bestsellern. Unbekannte Autoren hätten es hingegen schwer. „80 Prozent der Bücher verkaufen sich so um die 100-mal“. Da sei die Geschichte vom „Fussel“, in seinem Verlag in nunmehr achter Auflage erschienen, schon etwas Besonderes. „Das Buch von Malene ist bereits eine Art moderner Klassiker geworden“, unterstreicht Peters. „Schon mit der Veröffentlichung wurde mir ein großer Wunsch erfüllt“, verrät die Autorin. Aus eigener Erfahrung, die alle Eltern machen, ist ihr klar, dass der Nachwuchs manchmal Flusen im Kopf hat. Da könnte ein Fussel, der sich auf dem Weg zum Erwachsenwerden den Weg durch den Staub bahnt, für klare Sicht sorgen. „Dass nun so viele Kinder mit meiner Geschichte aufwachsen und hoffentlich etwas mutiger durchs Leben gehen, ist eine unglaubliche Vorstellung für mich“, freut sich die Künstlerin. Sie kann sich über ausgesprochen gute Kritiken für ihr Erstlingswerk freuen. So urteilte etwa die Arbeitsgemeinschaft Jugendliteratur und Medien der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft: „Der Text ist verständlich geschrieben und lässt sich flüssig vorlesen. Die im Präteritum geschriebene Erzählung steckt voller Sprachspiele und lässt Interpretationsspielräume. Die farbenfrohen, wilden Illustrationen heben sich besonders durch ihre ausgefallenen Perspektiven ab.“
Aber auch von der „Zielgruppe“ gibt es positive Resonanz, wie ein Blick auf die Kundenrezensionen des weltweit größten Online-Versandhandels zeigt. Stand 4. Februar hatten 559 Nutzer Bewertungen abgegeben, 87 Prozent vergaben die Höchstwertung „Fünf Sterne“. Die Wietzendorferin räumt allerdings nicht nur virtuell ab. Immer wieder erhält sie Post von jungen Fans. Kindergartengruppen und andere kleine Leseratten schicken ihr nicht nur nette und anerkennende Worte, sondern auch liebevoll gebastelte und gemalte „Fussel“. Diese müssen, das wird auch in den „Dankeschön-Videos“ der 33-Jährigen deutlich, keinen Staubsauger fürchten. „Mein Traum war es, ein Buch zu schreiben und zu illustrieren. Hey, hat richtig gut geklappt“, schreibt sie auf Instagram. In Munster wird ihr erfolgreiches Debüt gerade im wahrsten Sinne des Wortes plakativ zur Schau gestellt. Auf einer Werbefläche in der Nähe des Lidl-Parkplatzes an der Straße Zum Sprötzloh hängt nämlich ein übergroßes Plakat mit der Aufschrift „Gratulation zu 20.000 Fusseln!“
Die Dankesbotschaft ist die Idee ihres Verlegers, der das Ganze aus der Ferne in Auftrag gegeben hatte. „Malene wohnt in Wietzendorf sozusagen um die Ecke – und ich habe mir gedacht, dass sie sich freuen wird“, so Peters. Das ist der Fall, wie in einem „Insta“-Video der Autorin zu sehen ist. Die Kamera ist wie so oft an, als sie mit einer ihrer Schwestern nach Munster fährt. Die 33-Jährige posiert sichtlich beeindruckt vor „ihrem“ Plakat und sagt – einmal mehr augenzwinkernd – „Mama, ich bin berühmt!“