Leid und Verfolgung in NS-Zeit | Aktuelle Nachrichten und Informationen

Ausstellung auf „Emhoff“ über düsteres Kapitel in der Geschichte der Heide

Leid und Verfolgung in NS-Zeit

Eine neue Ausstellungsreihe ist jetzt im ehemaligen Schafstall auf dem „Emhoff“ in Wilsede zu sehen. Dort erfahren Besucher nun mehr über ein vielleicht eher unbekanntes Kapitel in der Vergangenheit der Lüneburger Heide: Denn auch in der Idylle der einmaligen Landschaft gab es im Nationalsozialismus Leid und Verfolgung. Zur Auftaktveranstaltung in der vergangenen Woche hatte die VNP Stiftung Naturschutzpark Lüneburger Heide bedeutende Gäste eingeladen, unter anderem Dr. Thomas Rahe, der zur Ausstellung einen Beitrag über Shaul Ladany (Überlebender des KZ Bergen-Belsen) vorbereitet hatte.

Der Verein Naturschutzpark (VNP) engagiert sich über den Erhalt der historischen Kulturlandschaft im Naturschutzgebiet Lüneburger Heide hinaus auch im Bereich Bildung, Historie und Kultur. Und hier haben sich die Organisatoren der Ausstellung einem ganz besonderen Bereich gewidmet: Neben der malerischen Landschaft der Lüneburger Heide hat das Gebiet auch eine düstere Geschichte, als in der Region zur Zeit des NS-Regimes Menschen aufgrund ihrer politischen Überzeugungen, ihrer Religion oder ihrer ethnischen Herkunft verfolgt wurden. Ihre Geschichten und Erfahrungen sind Teil der Landesgeschichte.

Ein Teil davon wird in der Ausstellungsreihe, die der VNP in der diesjährigen Saison in Wilsede anbietet, gezeigt: „Zwei Wanderausstellungen, von Juli bis August sowie von September bis Oktober sollen anregen, dass Besucher die Region in angemessener Weise erkunden und die Lüneburger Heide nicht nur als malerisches Reiseziel betrachten, sondern auch die Bedeutung der Landesgeschichte verstehen. Der Besuch der Ausstellungen trägt zu einem tieferen Verständnis der Geschichte bei und fördert die Erinnerungskultur“, so der VNP.

Dessen Geschäftsführer Marc Sander konnte bei der Ausstellungseröffnung in Wilsede Dr. Thomas Rahe begrüßen: Der deutsche Historiker und Autor war von 1987 bis Anfang 2023 wissenschaftlicher und stellvertretender Leiter der Gedenkstätte Bergen-Belsen. Sein historisch-wissenschaftlicher Beitrag zur Ausstellung über den KZ-Überlebenden Shaul Ladany bildete einen Teil des Programms bei der Auftaktveranstaltung. Dort gab es zudem eine Vorstellung und einen Ausblick auf die Wanderausstellung „Der verlorene Transport“ durch Andreas Claus (Bürgermeister im Ruhestand der Stadt Uebigau-Wahrenbrück und Schatzmeister im Freundeskreis „Technisches Denkmal Brikettfabrik LOUISE Domsdorf e.V.“). Der Freundeskreis ist Auftraggeber des Wanderausstellungsprojektes „Lebensgeschichten von Kindern des Verlorenen Transports“.

Shaul Ladany wurde 1944 im Alter von acht Jahren mit seiner Familie aus Ungarn in das KZ Bergen-Belsen deportiert. Er gehörte zu den wenigen jüdischen Häftlingen, die aufgrund von Verhandlungen ungarischer und schweizerischer jüdischer Organisationen mit der SS gerettet wurden und im Dezember 1944 in die Schweiz ausreisen durften. Später wanderte Shaul Ladany nach Israel aus und wurde ein bekannter Wissenschaftler und Sportler. Als Geher nahm er an den Olympischen Spielen in München teil und überlebte den Anschlag der palästinensischen Terrorgruppe auf die israelische Mannschaft am 5. September 1972. Die Ausstellung „Lebensläufe. Verfolgung und Überleben im Spiegel der Sammlung von Shaul Ladany“ kann im Juli und August besucht werden.

Der „Verlorene Transport“ geht auf eine Ereignis gegen Ende des Weltkriegs zurück: Als sich im April 1945 britische Truppen dem KZ Bergen-Belsen näherten, wurden fast alle jüdischen „Austauschhäftlinge“ noch mit drei Zugtransporten aus dem Lager abtransportiert. Unter ihnen befanden sich auch viele Kinder aus allen Altersgruppen. Das Ziel dieser Transporte sollte vermutlich Theresienstadt sein. Der letzte dieser drei Züge, der erst am 23. April 1945 befreit wurde, wird als der „Verlorene Transport“ bezeichnet.

Die gleichnamige Wanderausstellung veranschaulicht die Biografien von acht exemplarisch ausgewählten jüdischen Kindern und Jugendlichen, die im April 1945 mit diesem Zug aus dem Konzentrationslager Bergen-Belsen deportiert und bei dem Bergarbeiterdorf Tröbitz in der Lausitz befreit wurden. Im Fokus stehen die Lebensgeschichten der jüdischen Child Survivors. Anhand von Fotografien und Illustrationen wird das Leben der jüdischen Familien in den besetzten Ländern, die Deportation in die Durchgangs- und Konzentrationslager des „Dritten Reichs“ sowie die unterschiedlichen Lebensverläufe nach der Befreiung in Tröbitz gezeigt. Ausstellungszeitraum hierfür ist von September bis Oktober.