Mit dem Fahrrad einmal um die Welt – und nun auf dem „Rückweg“ | Aktuelle Nachrichten und Informationen

Mehr als 40.000 Kilometer geradelt und über 300.000 Euro für den guten Zweck gesammelt: Dr. Marta Binder ist bei ihrer Spendentour „Radeln für Schulkinder in Afrika“ zu Gast bei Regine Streckenbach in Wintermoor

Mit dem Fahrrad einmal um die Welt – und nun auf dem „Rückweg“

Zu Fuß ist sie an diesem Morgen in Wintermoor noch etwas steif unterwegs, doch als die fast 80-Jährige auf ihr Fahrrad steigt, merkt man Dr. Marta Binder ihr Alter keinen Moment mehr an. Sie sei schon immer gern geradelt, das habe sie stets fit gehalten, erklärt die rüstige Rentnerin aus Bielefeld. Von dort aus ist sie vor einiger Zeit wieder auf Tour gegangen und nach mehreren Stopps – unter anderem in Hagen, Bückeburg und Dörverden – dann Anfang der Woche in der Schneverdinger Ortschaft angekommen. Übernachtet hat sie dort bei Regine Streckenbach. Bei Begegnungen wie diesen beschreibt Binder, was sie antreibt: Als Botschafterin der Kölner Stiftung Opportunity International Deutschland sammelt die pensionierte Kinderärztin mit der Aktion „Radeln für Schulkinder in Afrika“ Spenden für Microschools in Ghana. Und sie radelt viel – sehr viel: Seit 2012 sitzt sie für den guten Zweck ständig auf dem Sattel, und im vergangenen Jahr schaffte die mittlerweile 78-Jährige die „virtuelle Erdumrundung“ von 40.075 Kilometern in elf Jahren. Doch Aufhören ist für sie keine Option und so begibt sie sich jetzt in diesem Jahr nach eigenen Worten „auf den Rückweg“. In zwölf Jahren hat Binder so mehr als 300.000 Euro an Spenden gesammelt – „mittlerweile müssten es fast schon 350.000 Euro sein“, freut sich die Seniorin. Der Anlass, der sie seit Beginn der Aktion motiviert, ist jedoch keineswegs ein freudiger: „Mein Sohn Jan ist 2011 in Ghana tödlich verunglückt.“ In seinem Andenken ist Binder seitdem unermüdlich unterwegs, um anderen zu helfen.

Von ihrem Heimatort aus radelt Binder quer durch Deutschland und ermöglicht damit Kindern in Ghana eine Chance auf gute Schulbildung. Auch in diesem Jahr tritt sie wieder in die Pedale, hat 2024 bereits 1.700 Kilometer zurückgelegt, und hofft auf die Unterstützung von Unternehmen und Privatpersonen. Mitmachen ist ganz einfach: Im Zeitraum von April bis Oktober fährt sie Ziele in der ganzen Bundesrepublik an und besucht jene, die sich mit ihr gemeinsam engagieren möchten. „Das geht mit einer Spendenzusage pro gefahrenem Kilometer oder mit einem festgelegten Wunschspendenbetrag“, erläutert Binder.

Eine aus den Reihen der Unterstützerinnen und Unterstützer ist Regine Streckenbach. Die Wintermoorerin gibt nicht nur zehn Cent pro Kilometer für das Projekt, sondern der Stiftungs-Botschafterin außerdem ein Quartier: „Ich spende schon länger für Opportunity, die mit Kleinkrediten den Aufbau von Schulen in Afrika ermöglichen. Als ich im Frühjahr angeschrieben wurde, ob ich Frau Binder vielleicht für eine Nacht aufnehmen würde, habe ich gleich zugesagt. Es ist eine tolle Begegnung, sie ist ein unglaubliches Vorbild, und wir haben uns wunderbar unterhalten“, ist Streckenbach von dem Treffen begeistert. „Ich hoffe und freue mich auf neue und schon liebgewordene Begegnungen mit Unterstützern. Ich wage zu sagen, zwischenzeitlich sind viele Spender zu lieben Freunden geworden“, erwidert Binder.

Sie geht von Wintermoor aus auf die nächste Tagesetappe – „die sind schonmal bis zu 110 Kilometer lang“, erklärt die 78-Jährige, die sich auf den Weg Richtung Hannover macht. „Man muss ja Ziele haben und die Kinder in Ghana brauchen weiterhin unsere Unterstützung. Bildung ist neben liebevoller Zuwendung das Wichtigste, was wir Kindern geben können und irgendwie auch schuldig sind“, sagt Binder und freut sich auf die bevorstehenden Touren.

„In Ghana gehen fast eine halbe Millionen Kinder nicht zur Schule“, gibt sie einen Einblick in das Ziel der Stiftung: „Opportunity International fördert mithilfe von Mikrokrediten Bildungsunternehmerinnen und Bildungsunternehmer, die eine eigene Schule gegründet haben. Diese privaten Schulen – die Microschools – sind eine wichtige und notwendige Alternative zu staatlichen Schulen. Durch moderate Klassengrößen, besser ausgebildete, motivierte Lehrerinnen und Lehrer sowie hygienischere Rahmenbedingungen haben die Kinder eine Chance auf einen guten Schulabschluss und damit verbunden eine echte Perspektive für ihr weiteres (Berufs-)Leben.“ Mit den gesammelten Spenden wird zusätzlich der „Jan Binder Award“ finanziert, welcher Schulen auszeichnet, die besonders nachhaltig und kindgerecht geführt werden – und zwar unter dem Motto: „Keep your school clean – make your school green“.

Namensgeber des Awards ist Binders Sohn: „Er hat für Opportunity gearbeitet, dort viele Projekte und Ausstellungen organisiert. Als ich 2011 in Rente ging, haben wir zusammen die Idee entwickelt, mit meinen Fahrradtouren Spenden zu sammeln. Nach seinem Tod in jenem Jahr wollte ich das Vorhaben auf jeden Fall noch umsetzen“, erinnert sich Binder. Doch bei der Stiftung sei man davon anfangs nicht wirklich überzeugt gewesen: „Dort meinte man erst, es sei nur Gerede und eine Art der Trauerbewältigung – aber nachdem ich schon bei meiner ersten Tour 12.500 Euro zusammengetragen hatte, war schnell klar, dass ich nicht nur rede.“

Seither ist sie unterwegs: Obwohl sie das Radfahren liebe, „ist es häufig auch eine ziemliche Plackerei“, so Binder, die die Mühen aber gern auf sich nimmt. „Wenn ich so helfen kann, ist das jeden Tropfen Schweiß wert.“

Wer sich ebenfalls für bessere Bildungschancen in Ghana engagieren und Marta Binder auf ihrer aktuellen Fahrradtour unterstützen möchte, hat verschiedene Optionen. Informationen zu Opportunity International Deutschland und den Spendenmöglichkeiten gibt es unter www.oid.org online. Marta Binder, zu der sich weitere Infos unter diesem Link und zu ihren Fahrten hier finden, freut sich zudem über jedes Angebot für einen Zwischenhalt, den sie während ihrer Reise machen kann. Als Botschafterin informiert sie dabei gern über die Bildungsprojekte der Stiftung. Binder hofft auf viele weitere Begegnungen und schmunzelt: „Wenn es keine Unterstützer für das Hilfsprojekt gibt, bin ich einfach nur die alte verrückte Frau, die nicht mit dem Radfahren aufhören kann.“