Kleiner Kinosaal, großes Engagement | Aktuelle Nachrichten und Informationen

„LichtSpiel“-Kino feiert zehnjähriges Bestehen mit einem besonderen Programm

Kleiner Kinosaal, großes Engagement

Pleiten, Pech und Pannen – davor sind auch Hollywood-Stars nicht gefeit: Bei der Verleihung der Oscars in diesem Jahr zum Beispiel freute sich Schauspielerin Emma Stone beim Gewinn ihres zweiten Goldjungen über alle Maßen – es platzte förmlich aus ihr heraus. Bei der Übergabe der Auszeichnung gab nämlich die Naht ihrer Robe am Rücken nach, was die Oscar-Gewinnerin auf der Bühne souverän und sympathisch weglächelte. Auch bei der Auftaktvorstellung des Schneverdinger „LichtSpiel“-Kinos vor zehn Jahren lief nicht alles nach Plan. Am 14. Juni 2014 konnte der geplante Eröffnungsfilm „Grand Budapest Hotel“ wegen eines Missverständnisses zwischen Projektorlieferant und Filmverleih nicht gezeigt werden. Ersatzweise sah das Publikum dann „Beziehungsweise New York“. Dieser kleine Fauxpas indes konnte die Ehrenamtlichen des eigens gegründeten Kinovereins „LichtSpiel“ nicht davon abhalten, ihr ehrgeiziges Projekt bis heute in der Erfolgsspur zu halten. Sie feiern jetzt das zehnjährige Bestehen des Kinos und haben dazu ein besonderes Programm erarbeitet, das am 12. Juni beginnt.

Bereits seit 2011 hatte eine Projektgruppe des Arbeitskreises Freizeit im Zuge des Stadtmarketings in Schneverdingen daran gearbeitet, in der alten Stellmacherei in der Oststraße 31 ein Kino einzurichten. Um das Kino ehrenamtlich betreiben zu können, wurde der Verein „LichtSpiel“ gegründet. Die Initiatoren akquirierten Fördermittel, gewannen Sponsoren und stellten die notwendigen Bauanträge. Zudem brachten sie sich mit erheblichen Eigenleistungen ein. Die Gesamtkosten für das ehrgeizige Projekt beliefen sich auf circa 200.000 Euro. Die Stadt Schneverdingen bezuschusste das Vorhaben mit 50.000 Euro. Im November 2013 begannen die Baumaßnahmen, im folgenden Jahr konnte es Mitte Juni losgehen.

Aus Anlass des „runden Geburtstages“ haben Vereinsvorsitzender Ulrich von der Heide und Werner Mader vom Vorstand sowie Sven Svensson, zuständig für die Kinotechnik, und Julian Kremhardt, seit 2014 Koordinator für das Kinder- und Jugendprogramm, zum Gespräch in den Kinosaal in der Oststraße 31 eingeladen. In lockerer Atmosphäre gibt es zur Einstimmung zunächst eine „Weltpremiere“ auf der Leinwand zu sehen, nämlich den knapp zweieinhalbminütigen Film, den Andreas Schütte aus Schneverdingen zum zehnjährigen Bestehen des Kinos zusammengestellt hat. „Wir haben uns ein Geburtstagsgeschenk gegönnt“, sagt von der Heide vor der kurzen Vorführung. Zu sehen sind Bilder von den Bauarbeiten, Fotos, die bei Preisverleihungen entstanden sind, insbesondere aber Aufnahmen, die etliche der insgesamt rund 70 Ehrenamtlichen zeigen, die sich im Vorstand, beim Verkauf von Tickets und Getränken sowie als Filmvorführer engagieren. Der Kurzfilm wird aus gegebenem Anlass nun auch vor den regulären Vorstellungen gezeigt. Den Verantwortlichen ging es darum, die Köpfe all der fleißigen Helferinnen und Helfer zu zeigen, die den Betrieb des Mitmach-Kinos überhaupt erst möglich machen. Das eingespielte Team hatte allerdings vor gar nicht allzu langer Zeit eine große Herausforderung zu meistern, denn die Corona-Jahre waren, wie Mader berichtet, „eine schwere Zeit – nicht nur für die Kinos.“ Nach der Pandemie sei das Ganze im Frühjahr 2022 zunächst nur schleppend wieder in Gang gekommen. „Wir haben befürchtet, dass unser Publikum nicht wiederkommt. Finanziell und in Sachen Stimmung war das keine gute Phase“, so Mader. Ab September 2022 jedoch habe sich das Blatt gewendet. „Die beiden Filme Mittagsstunde und Gesang der Flusskrebse sind geradezu durch die Decke gegangen. Allein Mittagsstunde mit Charly Hübner, der bei uns in der plattdeutschen Version lief, haben wir mehr als zehnmal gezeigt“, berichtet Mader.

Beeindruckend sind aber auch die Zahlen, die die Verantwortlichen im Rückblick auf die vergangenen zehn Jahre nennen. Bisher wurden 1.653 Vorstellungen auf der „LichtSpiel“-Leinwand präsentiert, die von 50.987 Kinogästen gesehen wurden. Die in der Gesamtzahl enthaltenen 350 Kindervorstellungen sahen sich 9.200 junge Filmfreunde und deren Eltern an und die circa 70 Vorstellungen in der Blockbusterreihe des Stadtjugendringes insgesamt 2.500 Besucherinnen und Besucher. Das Gros der Filmfreunde kommt aus Schneverdingen und Umgebung, jedoch hat sich das Kino auch über die Grenzen der Heideblütenstadt hinaus einen Namen gemacht.

„Wir hatten mal eine Casablanca-Vorstellung, zu der Gäste aus Hamburg eigens nach Schneverdingen gefahren sind. Das hatte sich bis in die Hansestadt herumgesprochen“, so Mader.

Bemerkenswert ist, dass der Verein „LichtSpiel“ auf viele treue Stammgäste verweisen kann, die sich zumeist gleich für mehrere Filme im Vorverkauf Tickets sichern. Der frühe Vogel fängt den Wurm – das gilt auch im Lichtspielhaus in Schneverdingen. „Es kommt immer noch vor, dass jemand an der Abendkasse Karten kaufen möchte und es dann nicht fassen kann, dass die Vorstellung ausverkauft ist“, erklärt Mader: „Im Schnitt gehen 75 bis 80 Prozent der Tickets bereits im Vorverkauf weg.“

Dabei ist zu beachten, dass das „LichtSpiel“-Kino „nur“ 53 Plätze hat. Der Vereinsvorstand vermutet, dass es sich „um das kleinste 3D-Kino in Niedersachsen“ handelt. Die räumlichen Möglichkeiten mögen begrenzt sein, dem Engagement des Kino-Teams indes scheinen keine Grenzen gesetzt. Fast 70 Ehrenamtliche halten den Betrieb aufrecht, sorgen dafür, „dass der Laden läuft.“ Das Altersspektrum der Helferinnen und Helfer reicht dabei von Jung bis Alt. „Wir haben hier eine 80-Jährige, die ansonsten gar nicht viel mit Kino am Hut hat, die aber regelmäßig vor Ort ist, um für die Kinder Popcorn zu machen. Das ist schon etwas Besonderes“, freut sich Mader. Es sei das „freundliche Miteinander“, das den Verein ausmache: „Unser Verein ist ein hierarchiefreies Konstrukt. Es gab noch nie einen Konflikt, hier herrscht einfach eine tolle Atmosphäre.“ Und das habe sich herumgesprochen. „Deshalb kommen auch immer wieder neue Filmvorführerinnen und Filmvorführer sowie Servicekräfte hinzu“, so das Vorstandsmitglied. Das Familiäre übertrage sich auch auf das Publikum. „Viele nutzen nicht den Vorverkauf über das Internet, sondern holen sich ihre Karten hier an der Kasse ab. Und das sind keine älteren Leute, die nicht internetaffin sind, vielmehr schätzen sie das Persönliche, wollen ein Gesicht sehen und ein bisschen schnacken“, weiß Mader.

Übrigens: Nach anfänglicher Zusammenarbeit mit dem Stadtkino Rotenburg und dem Landkino Lauenbrück ist das Schneverdinger Kino seit dem 1. Oktober 2016 selbstständig. Das Programm wird seitdem zu einem Teil über einen Filmkunstabspielring bezogen, überwiegend aber inzwischen in Eigenregie geplant und gebucht. Verantwortlich zeichnen Vorsitzender Ulrich von der Heide, der das Programm für Erwachsene organisiert, und Julian Kremhart, der seit 2014 das Programm für Kinder und Jugendliche auf die Beine stellt. Wolfgang Voigt hat im Bereich Kurz- und Dokumentarfilme das Heft in der Hand. Neben diesem Trio arbeiten weitere elf Personen im Vorstand mit, die sich um die gesamten Organisations- und Arbeitsabläufe sowie Werbung und die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit kümmern. Die Vorstellungen werden von einem Team aus drei Programmierern, 13 Filmvorführern und zwei Filmvorführerinnen sowie 35 Service-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern betreut. Insgesamt hat der Verein inzwischen 204 Mitglieder.

Dass sich das Projekt derart positiv entwickeln könnte, war in den Anfangstagen nicht absehbar. „Ich erinnere mich noch sehr gut an die Entstehung unseres Kinos. Die ersten Ideen hierzu wurden nach dem vom Kulturverein organisierten lokalen Kurzfilmverleih entwickelt. Was erst nur Ideen waren, wurde dann nach und nach in die Tat umgesetzt“, erinnert sich Kremhart. Und weiter: „Zuerst gab es Überlegungen, einen Projektor im Jugendzentrum aufzubauen. Hiervon kamen wir allerdings ab und entschieden uns dafür, ein professionelles Kino gründen zu wollen. Dies scheiterte fast aufgrund von baulichen Gegebenheiten auf dem Grundstück, letztendlich konnten wir aber alle Hindernisse aus dem Weg räumen und gründeten den Kinoverein. Dies war der Startschuss für unser wunderbares Lichtspiel-Kino in Schneverdingen.“

Im Laufe der Jahre hat sich einiges geändert. Das Programm wurde peu à peu erweitert und um Veranstaltungen wie zum Beispiel „Open-Air-Kino im Biergarten am Rathaus“, Kurzfilmnächte und Live-Übertragungen von Ballett- und Opernaufführungen aus dem Londoner Royal Opera House ergänzt. Stolz sind die Mitglieder des Kinovereins auf die Entwicklung und Mitveranstaltung des Naturfilmfestes Lüneburger Heide „Films For Future“ in Kooperation mit Kulturverein Schneverdingen, Naturpark Lüneburger Heide und den Kinos Scala Lüneburg, Filmmuseum Bendestorf und Movieplexx Buchholz. Ebenso auf die Preise, mit denen das kleine, aber feine Lichtspielhaus in der Heideblütenstadt ausgezeichnet worden ist. Ende November 2017 wurde das „LichtSpiel“-Kino unter die „Top 100 Lieblingskinos Deutschlands gewählt“ und zudem in den Jahren von 2014 bis 2022 mit einem Preis der „Nordmedia“ für ein „hervorragendes Jahresprogramm in nichtgewerblichen Kinos“ ausgezeichnet.

Früher waren kurze Vorfilme in den Lichtspielhäusern gang und gäbe, kamen dann aber aus der Mode. Das „LichtSpiel“-Team hat diese Tradition wieder aufleben lassen und zeigt bereits seit Anfang 2015 samstags und sonntags wöchentlich wechselnd vor dem Hauptprogramm jeweils einen Kurzfilm vorneweg. Zudem schätzt es das Publikum, dass ein Mitglied des Kinovereins, oft der Vorsitzende selbst, vor den Abendvorstellungen (nicht bei Blockbustern) eine Einführung in den Film gibt und dabei mit interessanten Fakten und manchmal auch Anekdoten zur jeweiligen Produktion aufwartet.

Gern und oft kooperiert der Kinoverein mit den Schneverdinger Schulen. Alljährlich beteiligt er sich an den Niedersächsischen Schulkinowochen – ein Angebot, das hauptsächlich von den Grundschulen genutzt wird. In unregelmäßiger Folge gibt es in Absprache mit der Kooperativen Gesamtschule (KGS) zusätzliche Schülervorstellungen zu unterschiedlichen Themen aus Gesellschaft, Kunst und Kultur, zum Teil in fremdsprachigen Vorführungen. Kooperationen werden aber nicht nur im schulischen Bereich gepflegt. So stehen zum Beispiel auch regelmäßig besondere Veranstaltungen mit dem Tibetischen Zentrum Semkye Ling in Lünzen und dem Kunstverein Springhornhof Neuenkirchen auf dem Plan.

In puncto Technik ist das Kino-Team ebenfalls am Puls der Zeit. Seit Sommer 2021 verfügt es über eine neue Projektionsanlage, zudem wurde der Kinosaal mit einer neuen Lüftungstechnik ausgestattet. Dafür gab es während der Coronapandemie Fördergelder, sodass die schwierige Phase durchaus auch etwas Gutes hatte.

Finanziell sei der Verein, so Vorsitzender von der Heide, „solide aufgestellt.“ Die Eintrittspreise seien im Laufe der zehn Betriebsjahre lediglich einmal angehoben worden und nach wie vor „familienfreundlich“.

In der Tat: Laut Statista , einer deutschen Online-Plattform für Statistik, lag der durchschnittliche Kinoeintrittspreis in Deutschland im vergangenen Jahr bei rund 9,71 Euro, was ein Rekordwert sei. Im „LichtSpiel“-Kino zahlen Erwachsene lediglich 7,50 Euro, Mitglieder erhalten 1,50 Euro Ermäßigung. Für Kinder und Jugendliche bis 17 Jahren und alle Besucherinnen und Besucher der Familienvorstellungen sonntags nachmittags kostet ein Ticket fünf Euro. Bei Schulvorstellungen hat jeder junge Gast nur 4,50 Euro zu entrichten.

Der Vorstand des Vereins blickt jedenfalls optimistisch in die Zukunft. Mader: „Es ist ein besonderes Projekt im Landkreis und macht allen, die hier mitwirken, nach wie vor Freude.“

Der Link zum Jubiläumsprogramm: https://heide-kurier.de/schneverdingen-miniatur-wunderland-sting-und-kurze_QqgU